Parlamentspräsident Sassoli „verärgert“ über Äußerungen französischer Politiker

David Sassoli - Bild: Europäisches Parlament
David Sassoli - Bild: Europäisches Parlament

In der Debatte um den Doppelsitz des EU-Parlaments in Straßburg und Brüssel ist ein Streit zwischen französischen Politikern und Parlamentspräsident David Sassoli entbrannt. Sassoli sei „verblüfft und verärgert“ über ein Schreiben des französischen Europa-Staatssekretärs Clément Beaune, sagte eine Parlamentssprecherin am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Auch Einwürfe von französischen Regionalpolitikern zu geplanten Renovierungen an Brüsseler Parlamentsgebäuden seien „nicht hilfreich“.

Straßburgs Oberbürgermeisterin, Jeanne Barseghian, und die Präsidenten weiterer regionaler Verwaltungseinheiten hatten am Dienstag angeblich eingeplante Kosten in Höhe von 500 Millionen Euro für Arbeiten in Brüssel angeprangert. Dies sei nicht sinnvoll, denn „das Parlament verfügt in Straßburg, seinem Sitz, über ein völlig funktionsfähiges Gebäude“, erklärten sie.

Das EU-Parlament zeigte sich später „verwundert“ über die genannte Summe. Über ein Budget für geplante Arbeiten sei bislang noch nicht gesprochen worden, sagte eine Sprecherin. „Wir wissen nicht, wo diese Zahl herkommt.“ Präsident Sassoli habe deshalb später auch „in herzlicher Atmosphäre“ mit Europa-Staatsminister Beaune gesprochen.

Am Mittwoch sei der Italiener dann „ein bisschen schockiert“ gewesen, als er ein Schreiben Beaunes in seinem Posteingang fand. Davon habe der Franzose bei dem Gespräch am Vortag nichts gesagt, sagte die Sprecherin. „Das ist nicht sonderlich korrekt“ – vor allem weil Beaune das Schreiben auch auf Twitter veröffentlichte.

Der Staatssekretär forderte darin von Sassoli nachdrücklich eine schnelle Rückkehr des EU-Parlaments nach Straßburg. Dort werden gemäß der EU-Verträge pro Jahr zwölf Plenarsitzungen der Volksversammlung abgehalten. Wegen der Corona-Pandemie tagten die Abgeordneten in den vergangenen Monaten aber ausschließlich in Brüssel.

Die meisten Sitzungen der Volksvertretung werden im Normalfall ohnehin in der belgischen Hauptstadt abgehalten, wo auch die EU-Kommission und der Rat der Mitgliedstaaten angesiedelt ist. Das regelmäßige Pendeln ins Elsass hingegen ist schon lange Gegenstand von Kritik. Um die EU-Verträge zu ändern, bräuchte es allerdings eine einstimmige Entscheidung der EU-Staaten. Frankreich beharrt aber auf dem Doppelsitz.

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