Parteiengesetz schreibt alle zwei Jahre Parteitag und Vorstandswahl vor

Symbolbild: Deutsche Justiz
Symbolbild: Deutsche Justiz

Die Pandemie macht auch den Parteien einen Strich durch die Rechnung. Denn sie müssen regelmäßig Parteitage abhalten und Vorstände wählen. Eine neue Führungsspitze brauchen in diesem Jahr CDU und Linke. Doch Parteitage sind Massenevents, die in Corona-Zeiten kaum vorstellbar sind. Jetzt peilen die Parteien Online-Abstimmungen an. Doch dafür fehlen die rechtlichen Grundlagen. 

Warum müssen CDU und Linke jetzt ihre Vorstände neu wählen?

Das Parteiengesetz schreibt vor, dass jede Partei mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr einen Parteitag abhalten und im selben Zeitraum den Vorstand neu wählen muss. Da die CDU ihren Parteitag mit der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zur Vorsitzenden 2018 veranstaltet hatte, ist sie in diesem Jahr wieder am Zuge. Auch bei den Linken gab es zuletzt vor zwei Jahren eine Vorstandswahl.

Zwar wurde im Zuge der Corona-Pandemie gesetzlich festgelegt, dass ein Vorstand nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt bleibt. CDU und Linke sind also nicht führungslos, wenn sie bis Jahresfrist keine neuen Vorstände gewählt haben. Trotzdem müssen sie die Wahl des Vorstands bald nachholen. Schließlich findet im kommenden Jahr die Bundestagswahl statt.

Warum sind Online-Wahlen der Parteivorstände bislang nicht möglich?

Im Parteiengesetz ist festgelegt, dass die Vorstände von Parteitagen gewählt werden. Und diese „treten mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr einmal zusammen“, heißt es in Paragraf 9 des Gesetzes. Daraus wird allgemein abgeleitet, dass zumindest für den Wahlparteitag ein physisches Zusammentreffen erforderlich ist. Online-Beratungen der Delegierten zu inhaltlichen Fragen, wie sie die Grünen veranstalten, sind zusätzlich möglich. 

Welche Möglichkeiten werden jetzt diskutiert?

Technisch die einfachste Möglichkeit wäre eine Verschiebung auf das kommende Jahr, eventuell auch mit mehreren dezentralen Delegiertenberatungen. Doch das würde eine deutliche Entspannung der Corona-Lage voraussetzen – die aber im Moment überhaupt nicht in Sicht ist. 

Diskutiert wird zudem bei CDU und Linken die Möglichkeit, die neue Spitze per Briefwahl zu ermitteln. Doch das dürfte insbesondere bei der CDU ein langes und aufwendiges Verfahren werden. Denn bei den drei Vorsitz-Kandidaten ist eine Stichwahl nicht unwahrscheinlich. 

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), vertritt nun die Auffassung, dass die Gesetzeslage „digitale Parteitage und digitale Wahlen“ zulasse – abgesehen von der Schlussabstimmung. „Nur diese muss dann in einem brieflichen Wahlgang erfolgen“, sagt Krings dem „Spiegel“.

Kramp-Karrenbauer plädiert allerdings dafür, für die Vorsitzenden-Wahlen das Grundgesetz zu ändern. Das wäre „die sicherste Form“, sagt die Parteichefin dem Magazin „Spiegel“. Denn: „Bei parteiinternen Wahlen müssen die demokratischen Wahlgrundsätze eingehalten werden.“ Diesen zufolge müssen Wahlen allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim über die Bühne gehen. 

Kramp-Karrenbauers Argument: „Es muss unter allen Umständen vermieden werden, dass der neue CDU-Vorsitzende, der dann ja auch Kanzlerkandidat werden soll, sich im Bundestagswahlkampf erst mal mit Rechtsstreitigkeiten auseinandersetzen muss, weil die Wahl angefochten wird.“ 

Doch es ist umstritten, ob eine Grundgesetzänderung nötig ist, die ausführliche Beratungen und eine Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erfordert. Ein von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass eine Verfassungsänderung nicht zwingend erforderlich ist. Demnach könnte es auch mit einer einfachen Änderung des Parteiengesetzes getan sein – für die die absolute Mehrheit im Bundestag ausreichend ist.

Sollte der Gesetzgeber aber von der Sicherheit der dabei einzusetzenden De-Mail „nicht uneingeschränkt überzeugt sein, könnte er seinen Gestaltungsspielraum erweitern“, heißt es in dem AFP am Montag vorliegenden Gutachten. Zu diesem Zweck könne er doch das Grundgesetz ändern und beispielsweise in Artikel 21 des Grundgesetzes die Formulierung einfügen: „Für parteiinterne Wahlen können Abweichungen von den Wahlrechtsgrundsätzen zugelassen werden.“ 

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