Plagiatsaffären brachten schon manchen Spitzenpolitiker zu Fall

Symbolbild: Dissertation
Symbolbild: Dissertation

Für Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) schien ihre Plagiatsaffäre nach einer Rüge für ihre Doktorarbeit durch die Freie Universität Berlin fast ausgestanden. Nun will die Hochschule die Dissertation allerdings doch noch einmal prüfen – und Giffey will ihrerseits auf den Doktortitel verzichten. Ihre Arbeit als Ministerin will sie trotz Rücktrittsforderungen fortsetzen und auch Ende November für den Landesvorsitz der Berliner SPD kandidieren, um möglicherweise im kommenden Jahr Regierende Bürgermeisterin in Berlin zu werden. Ob das Kalkül aufgeht, ist offen. Falls nicht, wäre Giffey nicht die erste deutsche Spitzenpolitikerin, die über Plagiatsvorwürfe stolpert.

KARL-THEODOR ZU GUTTENBERG

Wochenlang hielt die Affäre um die Dissertation des Bundesverteidigungsministers von der CSU Anfang 2011 die Republik in Atem. Bis zu den Plagiatsvorwürfen war Guttenberg laut Umfragen der beliebteste Politiker Deutschlands, Ende Februar 2011 erkannte ihm die Universität Bayreuth den juristischen Doktortitel ab. Wenig später trat der Minister zurück. Er zog daraufhin mit seiner Familie in die USA und nahm eine Tätigkeit als Berater auf. 2018 legte Guttenberg an der University of Southampton in Großbritannien eine neue Doktorarbeit vor, darin beschäftigte er sich mit Korrespondenzbanken.

ANNETTE SCHAVAN

Ihre erziehungswissenschaftliche Dissertation „Person und Gewissen“ stammt aus dem Jahr 1980. Nachdem die Plagiatsvorwürfe ab Mai 2012 gegen sie erhoben wurden, leitete die Universität Düsseldorf eine mehrmonatige Prüfung ein – und entzog der damaligen Bundesbildungsministerin am 5. Februar 2013 den Doktortitel. Vier Tage später trat Schavan als Ministerin zurück. Mit ihrer Klage gegen die Entscheidung scheiterte sie. Bis 2018 war Schavan deutsche Botschafterin im Vatikan.

SILVANA KOCH-MEHRIN

Auch die prominente FDP-Europaabgeordnete stolperte über Plagiatsvorwürfe. Im Mai 2011 trat Koch-Mehrin im Zuge der Debatte über ihre Doktorarbeit als Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament und als Vizepräsidentin des Parlaments zurück. Gut einen Monat später entzog die Universität Heidelberg ihr den Doktortitel. Heute leitet Koch-Mehrin das von ihr gegründete Women Political Leaders Netzwerk, mit dem Frauen in politische Führungspositionen gebracht werden sollen.

JORGO CHATZIMARKAKIS

Die Universität Bonn entzog dem FDP-Politiker im Juli 2011 den Doktortitel. Die Prüfer fanden in der Dissertation zahlreiche Passagen aus anderen Arbeiten, die nicht als wörtliche Übernahmen gekennzeichnet waren. Heute ist Chatzimarkakis Generalsekretär des Lobbyverbands Hydrogen Europe, eines Zusammenschlusses der Wasserstoff- und Brennzellenindustrie.

MARGARITA MATHIOPOULOS

Die Doktorarbeit der Politikprofessorin und FDP-Politikerin stand gleich zweimal auf dem Prüfstand. Die in den 80er Jahren vorgelegte Arbeit geriet schon Anfang der 90er Jahre in die Kritik. Damals wurden zwar handwerkliche Mängel festgestellt, die aber nicht zur Aberkennung des Doktortitels führten. Im April 2012 sah die Universität Bonn ein „wissenschaftliches Fehlverhalten“ als nachgewiesen an und entzog ihr den Doktortitel.

FRANK STEFFEL

Im Februar 2019 erkannte die Freie Universität Berlin dem CDU-Politiker den Doktortitel ab, Steffel klagte gegen die Aberkennung. Die Hochschule hatte ihre Entscheidung damit begründet, dass der Bundestagsabgeordnete in seiner Dissertation aus dem Jahr 1999 die Texte anderer Autoren wörtlich oder nahezu wörtlich übernommen und dies nicht entsprechend kenntlich gemacht habe. Seit 2009 sitzt Steffel für den Wahlkreis Berlin-Reinickendorf im Bundestag.

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