Der polnische Senatsvorsitzende Tomasz Grodzki hat die Regierung in Warschau aufgefordert, ihre Blockade-Haltung gegenüber dem EU-Haushalt aufzugeben. In einer höchst ungewöhnlichen Ansprache, die am Freitag von allen großen polnischen Sendern übertragen wurde, appellierte Grodzki an die nationalkonservative Regierung, kein Veto gegen den EU-Haushalt einzulegen. Ein solcher Schritt würde den Interessen Polens schaden und könne sogar zum EU-Austritt des Landes führen, warnte er.
Das Veto, mit dem die Regierung in Warschau der EU droht, würde die „wirtschaftlichen, politischen und strategischen Interessen“ Polens schwächen, argumentierte Grodzki, der der oppositionellen Bürgerplattform (PO) angehört. „Es ist das Gegenteil dessen, was gut für unser Land ist.“
Die Polen würden es der Regierung nicht verzeihen, wenn ihr Handeln dazu führe, dass das Land „große Summen an Geld für seine weitere Entwicklung und den Wiederaufbau“ verliere und „aus unserem europäischen Haus und der europäischen Geschichte“ herausgeführt werde, fügte der Oppositionspolitiker hinzu. „Unser tiefstes Interesse ist ein souveränes, rechtstreues Polen im Zentrum eines geeinten Europa.“
Ungarn und Polen hatten vergangene Woche ihre Zustimmung zu einem 1,8 Billionen Euro schweren Finanzpaket verweigert, das aus dem EU-Haushaltsrahmen für die kommenden sieben Jahre und dem Corona-Hilfsfonds besteht. Grund sind Pläne, EU-Gelder bei Verstößen gegen rechtsstaatliche Grundsätze künftig zu kürzen.
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bekräftigte am Freitag in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Haltung seiner Regierung. Am Tag zuvor hatte er sich mit seinem ungarischen Kollegen Viktor Orban abgestimmt. Beide forderten dabei eine „substantielle Veränderung“ des mit dem EU-Parlament vereinbarten Rechtsstaatsmechanismus.