Prozess um Anschlag auf Thalys-Zug 2015 in Paris begonnen

Symbolbild: Französische Justiz
Symbolbild: Französische Justiz

Mehr als fünf Jahre nach dem Anschlag auf einen Hochgeschwindigkeitszug nach Paris hat in Frankreich der Prozess gegen den Täter begonnen. Der Marokkaner Ayoub El Khazzani muss sich seit Montag vor einem Sonder-Schwurgericht in der französischen Hauptstadt verantworten. Als Zeugen geladen sind drei US-Bürger, die den Dschihadisten damals in dem Thalys-Zug überwältigten und damit wohl ein Blutbad verhinderten.

El Khazzani hatte im August 2015 im Thalys von Amsterdam nach Paris zwei Menschen mit einer Schusswaffe und einem Messer verletzt. Dem 31-Jährigen, der sich vor dem Anschlag der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien angeschlossen hatte, werden versuchter Mord und Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen. Ihm droht lebenslange Haft.

Bei dem Anschlag in dem Zug wurde damals nur deshalb Schlimmeres verhindert, weil drei Touristen aus den USA – darunter zwei Soldaten – den Attentäter überwältigen konnten. Die drei jungen Männer, die nach dem Anschlag in Frankreich als Helden gefeiert und in die Ehrenlegion aufgenommen wurden, wollen in dem Prozess als Zeugen aussagen.

El Khazzani erschien am Montag in einem hellblauen Hemd im Gerichtssaal. Seine schwarzen Haare hatte er zu einem Dutt zusammengebunden. Er machte Angaben zu seinen Personalien, als Beruf gab er Konditor an.

El Khazzani war am 21. August 2015 in Brüssel mit einer Kalaschnikow, einer Pistole und einem Teppichmesser bewaffnet in den Thalys von Amsterdam nach Paris gestiegen. „Er wirkte wie in Trance“, berichtete einer der Passagiere später den Ermittlern. 

Nach einer Schrecksekunde stürzte sich der Reisende auf El Khazzani. Einem zweiten Passagier gelang es, ihm die Kalaschnikow abzunehmen. Daraufhin zog der Marokkaner eine Pistole, verletzte den Passagier und entriss ihm das Schnellfeuergewehr wieder.

Von dem Lärm aufgeschreckt, eilten Touristen aus den USA in den Waggon, darunter zwei Soldaten. Ihnen gelang es, El Khazzani zu entwaffnen, einer der jungen Männer wurde dabei durch Messerstiche verletzt. Anschließend fesselten sie den Täter – mit den Krawatten von Geschäftsreisenden.

„Er hatte 270 Schuss Munition bei sich“, sagte der Anwalt der drei US-Bürger, Thibault de Montbrial, der von einer versuchten „Massentötung“ ausgeht. 

Der Fall wurde später von US-Regisseur Clint Eastwood verfilmt. In dem Film „The 15:17 to Paris“, der 2018 in den Kinos lief, spielten sich die drei US-Touristen Anthony Sadler, Alek Skarlatos und Spencer Stone selbst. Auch der Franko-Amerikaner Mark Moogalian, der bei dem Anschlag verletzt wurde, und seine Frau spielten mit. Sie nehmen ebenfalls an dem Prozess teil. Der 90-jährige Eastwood soll per Videokonferenz zugeschaltet werden. 

In dem Prozess, der mit langen Ausführungen des Richters zu den Corona-Auflagen begann und bis zum 17. Dezember angesetzt ist, müssen sich noch drei weitere Männer verantworten. Sie sollen El Khazzani bei der Einreise geholfen haben, bestreiten dies aber.

El Khazzani leugnet nicht, einen Anschlag in dem Zug geplant zu haben. Allerdings erklärte er, im letzten Moment Zweifel bekommen zu haben, bevor er überwältigt wurde. „Ich bin kein Massenmörder, sondern ein nobler Kämpfer“, sagte er den Ermittlern zufolge. Seine Anwältin Sarah Mauger-Poliak betont, er bereue die Tat und habe sich in der Haft „entradikalisiert“.

El Khazzani war im Sommer 2015 über die Flüchtlingsroute von Syrien nach Europa gekommen. Ihn begleitete der Dschihadist Abdelhamid Abaaoud, der am 13. November 2015 eine zentrale Rolle bei den Terrorkommandos spielen sollte, die in Paris 130 Menschen ermordeten, bevor er selbst von Elitepolizisten getötet wurde. El Khazzani gibt an, von Abaaoud mit seinem Anschlag auf den Zug beauftragt worden zu sein.

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