Prozess wegen Mordes an Viersener Kitakind Greta beginnt am Dienstag

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit
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Wegen des gewaltsamen Tods eines Kindergartenkinds im nordrhein-westfälischen Viersen muss sich eine Erzieherin ab Dienstag vor dem Landgericht Mönchengladbach verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt der Angeklagten Mord und Misshandlung von Schutzbefohlenen in neun Fällen zur Last. In der Viersener Kita erlitt ein Mädchen namens Greta im April einen Atemstillstand. Verursacht wurde dies laut Staatsanwaltschaft durch die Erzieherin.

Die 25-Jährige aus Geldern soll dem Mädchen während des Mittagsschlafs den Brustkorb bis zum Atemstillstand zusammengedrückt haben. Der Notarzt konnte das Kind zwar reanimieren, es starb aber Tage später in der Klinik. Die Tat ereignete sich laut Staatsanwaltschaft am letzten planmäßigen Arbeitstag der Erzieherin, weil die Viersener Kita ihr zum Monatsende gekündigt hatte.

Die Erzieherin arbeitete laut Staatsanwaltschaft unter anderem in Kindertagesstätten in Krefeld, Kempen, Tönisvorst und Viersen. Seit August 2017 soll die 25-Jährige auch in diesen Kitas Kindern den Brustkorb bis hin zu Atemnot oder Atemstillstand zusammengedrückt haben. Den Tod der Kinder habe sie dabei „mindestens billigend in Kauf genommen“.

In einem Kindergarten in Krefeld drückte die Erzieherin laut Anklage viermal einem 2014 geborenen Jungen so stark den Brustkorb zusammen, dass dieser nicht mehr ansprechbar gewesen sei. In einem Fall habe der Junge an Armen und Beinen gezuckt und aus dem Mund geblutet.

In einer Kempener Kita soll sie einen 2016 geborenen Jungen in vier Fällen auf gleiche Weise misshandelt haben. Der Junge habe dadurch an Atemnot bis zum Atemstillstand und Krämpfen gelitten. 

Einem Kindergartenkind mit angeborenem Herzfehler in Tönisvorst drückte die Angeklagte laut Staatsanwaltschaft im Oktober 2019 den Brustkorb zusammen, bis das Mädchen blau anlief und das Bewusstsein verlor.

Nach ihren Taten habe sie Kollegen auf den Zustand der jeweiligen Kinder hingewiesen und Rettungsmaßnahmen veranlasst. Bis auf Greta hätten deshalb alle Kinder überlebt.

Laut Staatsanwaltschaft beschrieben verschiedene Vorgesetzte und Kollegen die 25-Jährige als „für den Beruf der Erzieherin ungeeignet“. Die Angeklagte habe sich Kindern gegenüber „emotions- und teilnahmslos“ verhalten. Eine psychiatrische Untersuchung der Erzieherin wurde veranlasst.

Der Viersener Fall hatte im Frühjahr bundesweit Entsetzen ausgelöst. Der nordrhein-westfälische Familienminister Joachim Stamp (FDP) kündigte nach Bekanntwerden des Falls eine „lückenlose und transparente Aufklärung“ an. 

Im Landtagsausschuss für Familie, Kinder und Jugend berichtete Lorenz Bahr, Leiter des Landesjugendamts, über eine Reihe von Notarzteinsätzen in Kitas, in denen die tatverdächtige Erzieherin im Einsatz war. Bereits 2018 sei den Verantwortlichen schnell klar gewesen, dass die junge Frau nicht allein mit Kindern sein könne. Es habe die Empfehlung gegeben, sie nicht zum Kolloquium zuzulassen, berichtete Bahr damals. Dennoch bekam die 25-Jährige in mehreren Kitas Jobs.

In dem Mönchengladbacher Prozess treten Gretas Mutter und zwei der mutmaßlich geschädigten Kinder als Nebenkläger auf. Das Verfahren findet vor einem Schwurgericht statt und ist zunächst bis März 2021 angesetzt.

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