Die russische Polizei hat die Befunde europäischer Experten in Zweifel gezogen, nach denen Kreml-Kritiker Alexej Nawalny mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Russische Ärzte seien in ihrem „abschließenden Befund“ zu dem Ergebnis gekommen, dass Nawalny an einer „Entzündung der Bauchspeicheldrüse“ und einer Störung des Kohlenhydrat-Stoffwechsels gelitten habe, hieß es in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung der Polizei in Sibirien. Die Gift-Diagnose sei „nicht bestätigt“ worden.
Der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes, Sergej Naryschkin, erklärte unterdessen, Nawalny wäre im Falle seines Todes zu einer Art „Märtyrer“ geworden, was den westlichen Staaten Gelegenheit gegeben hätte, ihren „Proteststurm“ gegen Russland fortzusetzen.
Nawalny bezeichnete Naryschkin daraufhin via Twitter als „Dummkompf“. Wer der russischen Version folgen wolle, müsse annehmen, dass die Nato-Staaten ihn zu töten versucht hätten. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch erklärte ebenfalls über Twitter, Nawalny sei „von den russischen Spezialeinsatzkräften auf Anordnung des Präsidenten auf russischem Staatsgebiet vergiftet worden“.
Nawalny war Ende August auf einem Flug vom sibirischen Tomsk nach Moskau zusammengebrochen. Zunächst wurde er nach einer Notlandung der Maschine in einem Krankenhaus in Omsk behandelt. Zwei Tage später wurde er, noch im Koma liegend, zur Behandlung in die Berliner Universitätsklinik Charité gebracht. Der Kreml-Kritiker hält sich weiterhin in Deutschland auf.
Nach Angaben von drei europäischen Laboren, deren Ergebnisse von der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) bestätigt wurden, wurde Nawalny mit einem Kampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet.