Schäuble beklagt „Globalisierungsrausch“

Wolfgang Schäuble - Bild: Henning Schacht/Bundestag
Wolfgang Schäuble - Bild: Henning Schacht/Bundestag

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat zu tief greifenden Reformen von Kapitalismus und Finanzmärkten als Konsequenz aus der Corona-Pandemie aufgerufen. „Wir müssen den Schock der Pandemie nutzen, damit das unglaubliche Schwungrad des Kapitalismus und der Finanzmärkte nicht weiter überdreht“, sagte Schäuble der „Welt“. Alle Übertreibungen seien gefährlich. „Wenn wir Regulierungen übertreiben, landen wir in der Diktatur“, sagte der Parlamentspräsident. „Wenn wir es mit den Freiheiten übertreiben, dann zerstört die Freiheit sich selber.“ 

„Auch wenn wir irgendwann einen Impfstoff haben: Es wird nicht so weitergehen können, wie es vor Corona war“, sagte der Bundestagspräsident. „Und deswegen müssen wir schon jetzt an Veränderungen arbeiten.“ Er fügte hinzu: „Wir haben im Globalisierungsrausch verlernt, Vorsorge zu treffen.“ Lange sei geglaubt worden, die Zeit der großen Katastrophen sei vorbei. „Und jetzt zeigen uns Corona und auch der Klimawandel, dass dem nicht so ist. Beide lehren uns, dass wir ein bisschen langsamer machen sollten.“

Konkret forderte Schäuble Regulierungen des Zahlungsverkehrs. „Der freie Zahlungs- und Devisenverkehr kann nicht länger eine Rechtfertigung für Steueroasen sein, die in Wahrheit Regulierungsoasen sind.“ Diese stünden exemplarisch „für den Übergang von einem überzogenen Finanzmarkt zu schwerer Kriminalität – und wir lassen das zu. Das geht so nicht weiter“.

Auch Ausbeutung im Namen des freien Welthandels müsse aufhören, verlangte Schäuble: „Ich meine, dass der Kapitalismus, wie wir ihn derzeit betreiben, auf Kosten der ohnehin Schwachen geht. Unter dem Stichwort ‚freier Welthandel‘ beuten wir Arbeitskräfte in Ländern wie Bangladesch in einer menschenunwürdigen Weise aus“, kritisierte der Parlamentspräsident. 

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