In Deutschland sind nach Auffassung der zentralen Registerstelle weniger freie Intensivbetten einsatzbereit als angenommen. „Bundesweit melden Kliniken freie Betten als verfügbar an, obwohl einige wegen des Personalmangels gar nicht genutzt werden können“, sagte der Sprecher des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, der „Welt am Sonntag“. „Wir wiegen uns bei der Zahl der freien Intensivbetten in falscher Sicherheit“.
Divi, die Deutsche Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, vertritt mehr als 3000 Intensivmediziner und Pflegekräfte, die derzeit auf deutschen Intensivstationen arbeiten. Zudem sammelt die Organisation in dem Intensivregister die Zahl der von den deutschen Krankenhäusern gemeldeten freien Betten auf den Intensivstationen.
Karagiannidis rief alle Kliniken auf, „ganz ehrlich“ ihre freien Betten zu melden. „Die Zahl ist Grundlage für politische Entscheidungen“, mahnte er. „Einigen Geschäftsführern ist nicht klar, welche große gesellschaftliche Verantwortung sie mit dieser Meldung tragen.“
In den vergangenen zwei bis drei Wochen seien bei seiner Organisation immer mehr Rückmeldungen von Notärzten quer durch Deutschland eingetroffen, die sagten: „Ich habe Schwierigkeiten, meine Patienten in Kliniken unterzubringen, obwohl uns das Register in der Region Dutzende freie Betten anzeigt.“ Daraufhin seien die Meldungen stichprobenartig in einzelnen Kliniken überprüft worden.
Vor Problemen in den Kliniken warnte auch der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). „Die Situation ist erschreckend und alarmierend: Schon bald kann es zu einem Kollaps in vielen der 1900 Krankenhäuser in Deutschland kommen“, sagte er der „Bild am Sonntag“.
Gerade jetzt, wo in der zweiten Corona-Welle jeder Intensiv- und Beatmungsplatz dringend benötigt werde, würden Kliniken aus der Versorgung fallen, Stationen geschlossen und Notaufnahmen abgemeldet. „Grund ist fehlendes oder erkranktes Pflegepersonal“, sagte Hans.
Die Kliniken bräuchten dringend Unterstützung, sagte der Ministerpräsident. „Neben dem Personalengpass droht den Krankenhäusern der finanzielle Kollaps.“ Deshalb sollten jetzt wieder – wie zu Beginn der Pandemie – Freihaltepauschalen gezahlt werden, „damit die Kliniken in den nächsten Wochen und Monaten finanziell abgesichert sind“. Außerdem müsse der Bund ein „neues und starkes Pflegestellenförderprogramm“ initiieren.