Trumps erbitterter Kampf um den Machterhalt

Donald Trump - Bild: Joyce N. Boghosian/Weißes Haus
Donald Trump - Bild: Joyce N. Boghosian/Weißes Haus

Donald Trump war gerade zum Golfspielen unterwegs, als die große Nachricht einschlug: Sein Rivale Joe Biden, so verkündeten es die Fernsehsender, hat nach einer tagelangen Hängepartie die umkämpfte Präsidentschaftswahl gewonnen. Trump, der zweifellos umstrittenste Präsident der jüngeren US-Geschichte, ist abgewählt. Die Reaktion des Amtsinhabers ließ nicht lange auf sich warten: „Die Wahl ist noch lange nicht vorbei“, erklärte Trump. Der 74-Jährige stemmt sich mit aller Macht gegen seine Abwahl – es drohen unruhige Wochen und Monate.

Während Wahlverlierer in den USA dem Sieger in der Regel schnell gratulieren, machte Trump es – wie so oft – ganz anders. Der Präsident hatte schon in der Wahlnacht wilde Vorwürfe des Wahlbetrugs erhoben und den Sieg für sich beansprucht. Die Demokraten, so behauptet der Rechtspopulist, wollten ihm die Wahl „stehlen“. Dass nirgendwo größere Fälle von Wahlbetrug gemeldet wurden, kümmert den Präsidenten herzlich wenig.

Die Vorwürfe sind Teil seiner Strategie, massive Zweifel an der Wahl zu säen. Schon vor Monaten hatte der Präsident mit seinen Attacken auf die Briefwahlen die Grundlagen dafür gelegt. Der Präsident hat eine Justizschlacht um das Weiße Haus angekündigt und will bis vor den Obersten Gerichtshof ziehen. Große Erfolgsaussichten werden ihm nicht eingeräumt, obwohl konservative Richter am Supreme Court die Mehrheit stellen.

Es ist bislang vollkommen unklar, wie weit Trump bei seiner „Operation Machterhalt“ gehen wird. Aber die vier Jahre seiner Präsidentschaft lassen wenig Zweifel daran, dass er bis zum Äußersten gehen könnte. Zumal der als Narzisst verschriene frühere Reality-TV-Star, der andere gerne als „Verlierer“ verhöhnt, es als gewaltige Schmach empfinden dürfte, nach nur einer Amtszeit abgewählt worden zu sein – als erster Präsident seit George Bush im Jahr 1992.

Trump hat das Land gespalten wie wohl kein anderer in den vergangenen Jahrzehnten. Von den einen gehasst und verachtet, hat der Verfechter des „Amerika zuerst“ zugleich eine treue, teils fanatische Anhängerschaft. Mit rabiaten politischen Kurswechseln, regelmäßigen Tabu- und Normbrüchen, der Verbreitung von Un- und Halbwahrheiten, wüsten Schimpftiraden auf seinem Lieblingskanal Twitter und persönlichen Beleidigungen politischer Gegner hielt er die USA – und die ganze Welt – pausenlos auf Trab.

Zahllose Affären und Skandale, die jeden anderen Politiker die Karriere gekostet hätten, überstand der Teflon-Präsident quasi unbeschadet. Die Ukraine-Affäre brachte ihm Ende 2019 als erst drittem Präsidenten der US-Geschichte ein Amtsenthebungsverfahren ein. Der Impeachment-Prozess endete aber in dem von seinen Republikanern kontrollierten Senat mit einem Freispruch, den Trump triumphal feierte.

Seine Beliebtheitswerte: nahezu unverändert, wie bei allen vorherigen und späteren Skandalen. Trumps Anhänger halten bedingungslos zu dem Präsidenten, der sich ungeachtet seiner privilegierten Herkunft und seines luxuriösen Lebensstils als Kämpfer für den kleinen Mann verkauft.

Die Wahl vom Dienstag war zweifellos ein Votum gegen Trump – aber kein vernichtendes Urteil des Wahlvolkes. Ganz im Gegenteil: Trump konnte wichtige Bundesstaaten wie Florida verteidigen und im Vergleich zu 2016 Millionen Wähler hinzugewinnen. Und das trotz seines viel kritisierten Krisenmanagements in der Corona-Pandemie und schon mehr als 236.000 Corona-Toten im Land.

Mit seinen Wahlbetrugs-Vorwürfen und Verschwörungstheorien könnte Trump viele treue Anhänger mobilisieren. Unklar ist, ob seine Republikaner mitspielen werden: Die konservative Partei ist im Verhältnis zu ihrer Führungsfigur zutiefst gespalten zwischen Hingebung und Ablehnung, Unterwürfigkeit und Rebellion.

Der abgewählte Trump ist noch bis zum 20. Januar im Amt. Die Wochen bis dahin könnten äußerst ruppig verlaufen. Und auch in der Zeit danach könnte der Volkstribun Trump eine zentrale Figur der US-Politik bleiben.

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