US-Wahlen 2020: Oberstes Gericht lehnt sofortigen Stopp der Stimmauszählung in Pennsylvania ab

US-Wahlen 2020 - Bild: FLASH TV
US-Wahlen 2020 - Bild: FLASH TV

Angesichts des weiter unklaren Wahlausgangs in den USA hat der oppositionelle Präsidentschaftskandidat Joe Biden zur nationalen Einheit aufgerufen. „Es ist an der Zeit, dass wir als eine Nation zusammenkommen, um zu heilen“, sagte Biden in seiner Heimatstadt Wilmington. Der ehemalige Vizepräsident konnte bis Samstagvormittag (Ortszeit) seinen Vorsprung vor Amtsinhaber Donald Trump in umkämpften Schlüsselstaaten ausbauen. Der Oberste Gerichtshof lehnte einen von der Trump-Kampagne verlangten sofortigen Stopp der Auszählung in Pennsylvania ab.

Biden zeigte sich in Wilmington im Bundesstaat Delaware zuversichtlich, dass er die Wahl am Dienstag gewonnen hat. Er verzichtete aber darauf, sich bereits zum Sieger auszurufen. Die Stimmauszählung dauerte auch vier Tage nach der Abstimmung weiter an. 

In den wichtigen Schlüsselstaaten Pennsylvania, Georgia, Arizona und Nevada liegt der ehemalige Vizepräsident inzwischen vor Amtsinhaber Trump. Die US-Sender riefen aber bis zunächst weiter keinen Wahlsieger aus, weil die Rennen zu eng waren.

Die bisherigen Zahlen zeigten „klar und überzeugend: Wir werden diese Wahl gewinnen“, versicherte Biden. Er sei auf bestem Wege, 300 Wahlleute zu gewinnen – deutlich mehr als die für den Gesamtsieg notwendigen 270. Gleichzeitig rief der Kandidat zur Geduld auf: „Vergesst nie, diese Stimmzettel sind nicht nur Zahlen, sie repräsentieren abgegebene Stimmen.“ Diese kämen von „Männer und Frauen, die ihr Grundrecht ausgeübt haben“.

Amtsinhaber Trump hat seit dem Wahltag mehrfach den Sieg für sich in Anspruch genommen und ohne Beweise angeblichen Betrug angeprangert. Der Präsident wirft den Demokraten vor, ihm die Wiederwahl „stehlen“ zu wollen.

Nur wenige Mitglieder der republikanischen Partei stellten sich bislang gegen die unbegründeten Tiraden des Präsidenten, darunter aber nun auch Senator Mitt Romney aus Utah. Trumps Vorwürfe schadeten „der Sache der Freiheit hier und in der ganzen Welt“, sagte der ehemalige Präsidentschaftsbewerber. Der Amtsinhaber entfache „rücksichtslos zerstörerische und gefährliche Leidenschaften“.

Im Streit um Briefwahlstimmen in Pennsylvania musste der Präsident allerdings vorerst einen Rückschlag hinnehmen. Pennsylvanias Republikaner hatten den Supreme Court in Washington am Freitag aufgerufen, per Eilanordnung eine Zählung von nach dem Wahltag eingegangenen Briefwahlzetteln zu untersagen. Verfassungsrichter Samuel Alito ordnete an, dass diese Stimmzettel zwar von den anderen abgesondert werden müssen, sie dürfen aber weiter ausgezählt werden.

In Pennsylvania hatte Biden zuletzt mehr als 28.800 Stimmen Vorsprung vor Trump und in Nevada mehr als 22.600 Stimmen. In Georgia baute er seinen Vorsprung auf rund 7200 Stimmen aus. In Arizona schrumpfte Bidens Vorsprung zwar, betrug aber immer noch knapp 30.000 Stimmen. 

Nach jetzigem Stand kommt Biden auf mindestens 253 der 270 Wahlleute, die er für einen Sieg braucht. Trump hat derzeit 213 oder 214 Wahlleute sicher. Ein Sieg in Pennsylvania mit seinen 20 Wahlleuten würde Biden für den Gesamtsieg reichen. Ohne Pennsylvania bräuchte der 77-Jährige zwei der ebenfalls noch nicht vergebenen Bundesstaaten Arizona (elf Wahlleute), Nevada (sechs) und Georgia (16). 

Die Stimmenauszählung dauert in diesem Jahr wegen der massiven Zunahme der Briefwahl infolge der Coronavirus-Pandemie besonders lange. In den Tagen nach dem Wahl-Dienstag hatte es mehrfach so ausgesehen, als könnten die US-Sender bald einen Sieger ausrufen – dies bewahrheitete sich aber nicht.

Biden kündigte bei seiner Rede in Wilmington an, im Falle eines Wahlsieges unverzüglich gegen die Corona-Krise vorzugehen. Jeder solle wissen, „dass wir ab Tag eins unseren Plan umsetzen werden, dieses Virus unter Kontrolle zu bringen“, sagte Biden. 

Die USA sind das am schwersten von der Pandemie betroffene Land der Welt. Mehr als 9,7 Millionen Menschen haben sich mit dem Coronavirus angesteckt, über 236.000 Menschen starben. Laut Medienberichten hat sich nun auch Trumps Stabschef Mark Meadows infiziert. Er sei erstmals am Mittwoch – einen Tag nach der Präsidentschaftswahl – positiv auf das Virus getestet worden, berichtete die „New York Times“.

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