Schlussspurt im US-Wahlkampf: Kurz vor der Präsidentschaftswahl haben Amtsinhaber Donald Trump und sein Herausforderer Joe Biden am Montag um die letzten Wählerstimmen gekämpft. Beide Kandidaten wollten bei Auftritten in mehreren Bundesstaaten nochmals ihre Unterstützer mobilisieren. Wie aufgeheizt die politische Stimmung in den USA ist, zeigte ein Vorfall am Sonntag, als Trump-Anhänger einen Bus der Biden-Kampagne bedrängten und damit Angst vor Gewaltexzessen schürten.
Für den früheren Vize-Präsidenten Biden standen am Montag Wahlkampfauftritte in Ohio und Pennsylvania auf dem Programm, während Trump vier Bundesstaaten bereist, in denen ein enger Wahlausgang erwartet wird. Seine Abschlussrede im Wahlkampf wird er wie schon 2016 in Grand Rapids im Staat Michigan halten.
Die jüngsten Umfragen sehen Biden weiterhin in Führung: Landesweit liegt er laut der Website RealClearPolitics mit 6,7 Prozentpunkten vor Trump. Auch in mehreren der als wahlentscheidend geltenden „Swing States“ wie Pennsylvania, Michigan und Wisconsin sehen die Umfragen Biden als Favoriten. In Florida ergeben die Umfragen hingegen ein uneinheitliches Bild, während Trump unter anderem in North Carolina und Texas knapp in Führung liegt.
Angesichts der extrem polarisierten politischen Verhältnisse herrscht landesweit die Sorge, dass die Wahl in eine Gewalteskalation münden könnte. In einigen Städten – darunter der Hauptstadt Washington – verbarrikadierten manche Geschäftsleute bereits Schaufenster mit Brettern.
Der Bürgermeister von Philadelphia, Jim Kenney, rief die Einwohner der Stadt auf, Ruhe zu bewahren und sich in Geduld zu üben – sowohl mit Blick auf die Abstimmung am Dienstag als auch auf die Auszählung der Stimmen, die „einige Tage“ dauern könnte. Zugleich versicherte der demokratische Politiker, dass die Wahlzettel „in keiner Weise manipuliert oder gefälscht werden“.
Während Trumps Regierung vor gewaltsamen Ausschreitungen durch „Linksextremisten“ warnt, organisierten seine Anhänger landesweit Autokorsos und blockierten Straßen in mehreren Städten. Im Bundesstaat Texas bedrängten Trump-Fans in Pick-up-Fahrzeugen am Sonntag einen Wahlkampfbus seines demokratischen Herausforderers Biden.
Wie die Bundespolizei FBI mitteilte, nahm sie Ermittlungen auf. Trump hingegen feierte auf einer Wahlkampfkundgebung in Michigan den Vorfall – seine Anhänger hätten den Biden-Bus „beschützen“ wollen.
Auf Twitter veröffentlichte Trump ein Video von der Aktion – und setzte dazu die Worte: „Ich liebe Texas.“ Später fügte er hinzu: „Diese Patrioten haben nichts falsch gemacht.“ Das FBI solle lieber gegen „Terroristen und Anarchisten“ ermitteln.
Biden zeigte sich schockiert. Einen derartigen Vorfall habe es „noch nie“ gegeben – zumindest sei es noch nie vorgekommen, dass ein US-Präsident ein solches Geschehnis für eine „gute Sache“ halte, sagte Biden.
Trump besuchte am Sonntag gleich fünf Bundesstaaten an einem Tag und zeigte sich siegesgewiss: „Wir werden vier weitere Jahre in unserem großartigen Weißen Haus erringen“, rief Trump zwei Tage vor der Wahl seinen Anhängern im Bundesstaat North Carolina zu.
Bidens Programm war weniger straff, er konzentrierte sich am Sonntag auf den als besonders wichtig geltenden Staat Pennsylvania, in dem er in den Umfragen laut RealClearPolitics mit 4,3 Prozentpunkten vor Trump liegt. „In zwei Tagen können wir eine Präsidentschaft beenden, die diese Nation gespalten hat“, sagte er vor seinen Unterstützern.
In Pennsylvania hatte Trump vor vier Jahren überraschend gegen Hillary Clinton gewonnen, was wesentlich zu seinem Einzug ins Weiße Haus beitrug. Biden erinnerte nun daran, dass Trumps dortiger Vorsprung damals nur 44.000 Stimmen betragen hatte. „Jede Stimme zählt!“ rief der Ex-Vizepräsident.
In den Umfragen liegt Biden seit Monaten landesweit vor Trump. Allerdings hatten die meisten Demoskopen bereits vor vier Jahren Trump klar hinten gesehen, weshalb es weitverbreitete Zweifel an der Zuverlässigkeit der Umfragen vor der diesjährigen Wahl gibt.
Wie viel Einfluss die letzten Auftritte der Kandidaten überhaupt noch haben können, ist höchst ungewiss. Denn eine Rekordzahl von mehr als 95 Millionen US-Bürgern hat bereits vor dem eigentlichen Wahltermin per Briefwahl oder früher Stimmabgabe abgestimmt.
Da Trump seit Monaten die Briefwahl als extrem betrugsanfällig anprangert, befürchten viele seiner Kritiker, dass er seine mögliche Niederlage nicht anerkennen könnte – und nach der Wahl eine harte Auseinandersetzung um deren Ergebnis folgen könnte.