Der künftige US-Präsident Joe Biden hat im sogenannten Electoral College eine klare Mehrheit gewonnen und damit seinen Sieg über Amtsinhaber Donald Trump zementiert. Der US-Demokrat kam am Montag beim Votum der Wahlleute in allen US-Bundesstaaten auf mindestens 302 der insgesamt 538 Stimmen. Der 78-Jährige brauchte mindestens 270 Wahlleute.
Trump, der seine Wahlniederlage nach wie vor nicht anerkennt, kam auf 232 Wahlleute. Zuletzt fehlten nur noch die Stimmen der vier Wahlleute des Bundesstaates Hawaii, den Biden bei der Präsidentschaftswahl vom 3. November gewonnen hatte.
Biden hatte bei der Wahl vor sechs Wochen landesweit mehr als 81 Millionen Wählerstimmen erhalten, rund sieben Millionen mehr als Trump. Der frühere Vizepräsident kam auf 51,3 Prozent der Stimmen, Trump auf 46,8 Prozent.
Der US-Präsident wird gemäß der Verfassung allerdings nicht direkt vom Volk gewählt, sondern von den Wahlleuten, die auf der Ebene der Bundesstaaten vergeben werden und zusammen das Electoral College (Wahlkollegium) bilden. Deswegen kam den Abstimmungen vom Montag im Wahlprozess eine zentrale Bedeutung zu.
Das Gesamtergebnis wird am 6. Januar im Kongress offiziell ausgezählt und verkündet. Biden soll am 20. Januar als 46. Präsident der US-Geschichte vereidigt werden.
Biden wollte am Montagabend (Ortszeit) in seiner Heimatstadt Wilmington eine Rede zum Wahlausgang halten und das Land dabei aufrufen, ein „neues Kapitel“ aufzuschlagen und Gräben zu überwinden. Teile der Rede wurden bereits im Vorfeld veröffentlicht.
„Jetzt ist es an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Uns zu vereinen. Zu heilen“, heißt es darin. Er wolle ein Präsident für „alle Amerikaner“ werden: „Ich werde genauso hart für jene arbeiten, die nicht für mich gestimmt haben, wie für jene, die für mich gestimmt haben.“
„In dieser Schlacht um die Seele Amerikas hat die Demokratie gesiegt“, heißt es in dem Redetext weiter. „Die Integrität unserer Wahlen bleibt intakt.“ Beobachter fürchten, dass viele US-Bürger, die Trumps Betrugsvorwürfen Glauben schenken, Biden nicht als legitimen Präsidenten ansehen könnten.
Trump weigert sich nach wie vor, seine Niederlage einzuräumen. Der Präsident prangert sei Wochen vermeintlichen Wahlbetrug an, ohne irgendwelche belastbare Beweise vorzulegen. Trump und seine Verbündeten haben in den Rechtsstreitigkeiten um die Wahl vor Gerichten dutzende Niederlagen erlitten, darunter in der vergangenen Woche zwei Mal vor dem Obersten US-Gerichtshof und am Montag vor dem Obersten Gericht des Bundesstaates Wisconsin.
Wie zahlreiche Richter haben Wahlverantwortliche auch von Trumps eigener Republikanischer Partei die Betrugsvorwürfe als haltlos zurückgewiesen. Republikanische Parlamentarier könnten trotzdem versuchen, am 6. Januar im Kongress den Wahlausgang in einigen umkämpften Bundesstaaten anzufechten. Dem werden allerdings so gut wie keine Erfolgsaussichten eingeräumt.