Biotechnologiefirma Biontech in erster Reihe bei Entwicklung von Corona-Impfstoff

Symbolbild: Spritze mit medizinischem Stoff/Impfung
Symbolbild: Spritze mit medizinischem Stoff/Impfung

Voriges Jahr war die Mainzer Biotechnologiefirma Biontech noch weithin unbekannt – nun hat sie sich zum globalen Hoffnungsträger im Kampf gegen die Corona-Pandemie gemausert. Zusammen mit dem US-Pharmariesen Pfizer entwickelte Biontech einen nach eigenen Angaben zu mehr als 90 Prozent wirksamen Impfstoff gegen das Virus. 

Nach dem Antrag auf Notfallzulassung des Corona-Impfstoffs bei der US-Arzneimittelbehörde FDA vor knapp zwei Wochen haben Biontech und Pfizer solch eine beschleunigte Zulassung auch bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) beantragt. Es wäre das erste Mal überhaupt, dass die von zwei Kindern türkischer Einwanderer gegründete Firma mit Sitz in der Mainzer Straße „An der Goldgrube“ ein Produkt auf den Markt bringt.

Gegründet wurde Biontech im Jahr 2008 von den Wissenschaftlern Ugur Sahin und dessen Frau Özlem Türeci, zusammen mit dem österreichischen Krebsforscher Christoph Huber. Vor der Corona-Pandemie arbeiteten die rund 1500 Beschäftigten des Unternehmens an neuen Immuntherapien für Krebspatienten auf Basis der sogenannten mRNA-Technologie.

Dabei wird der genetische Bauplan für modifizierte Virus-Bestandteile in den Körper injiziert. Zellen nehmen diese Erbinformation auf und produzieren daraus harmlose Erregerteile, worauf das Immunsystem reagiert. Es speichert die Immunantwort ab, die später gegen eine echte Infektion schützt. 

Auf diese Technologie setzte Biontech auch bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs. Der Vorteil gegenüber traditionellen Impfstoffen besteht nicht zuletzt darin, dass die Entwicklung schneller möglich ist.

Der 54-jährige Unternehmensgründer Sahin erkannte seine Chance bereits im Januar, nachdem die Nachrichten über das neuartige Virus in der chinesischen Stadt Wuhan die Welt aufgeschreckt hatten. Als sich das Virus dann bis März über weite Teile der Erde ausgebreitet hatte und für massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens sorgte, lagen bei Biontech bereits 20 Impfstoffkandidaten vor, wie Sahin dem „Spiegel“ sagte.

Die Wissenschaftler sortierten in der Folge die weniger erfolgversprechenden Vakzine aus. Im September sprang die Bundesregierung Biontech bei: Aus einem Sonderprogramm wurden dem Unternehmen 375 Millionen Euro für die Entwicklung eines Impfstoffes zugesprochen.

Schließlich blieb eine Handvoll Impfstoffe, darunter der Kandidat mit der Bezeichnung BNT162b2, der nach Angaben des Unternehmens eine über 90-prozentige Wirksamkeit aufweist.

Nun kommt Biontech eine bereits 2018 geschlossene Partnerschaft mit dem US-Pharmariesen Pfizer zugute. Ursprünglich war die Kooperation mit Blick auf Grippeimpfstoffe ins Leben gerufen worden. Unter dem Eindruck der Pandemie und der weltweiten Suche nach einem Gegenmittel weiteten die beiden Unternehmen ihre Zusammenarbeit im März aus. Das Ziel: Die Technologie von Biontech mit der Erfahrung und Schlagkraft von Pfizer verbinden.

Auch wenn es im Ausland vor allem Pfizer mit dem Corona-Impfstoff in die Schlagzeilen schaffte, betonte Sahin im „Spiegel“: „Es ist unsere Technologie.“ Durch die Zusammenarbeit mit Pfizer könne ein Impfstoff jedoch in kürzester Zeit entwickelt und verteilt werden.

Die benötigten Impfdosen sind gewaltig. Biontech und Pfizer gehen davon aus, dass sie noch in diesem Jahr 50 Millionen Dosen bereitstellen könnten, im Jahr darauf dann 1,3 Milliarden Dosen.

Um diese Mengen bewältigen zu können, hatte das Mainzer Unternehmen bereits im September eine Produktionsanlage des Schweizer Pharmariesen Novartis in Marburg übernommen. Insgesamt besitzt Biontech damit drei Produktionsanlagen in Deutschland. Hinzu kommen mindestens vier Anlagen von Pfizer in den USA.

Derweil blickt Biontech auch nach China. Das Mainzer Unternehmen schloss dazu einen Vertrag mit der in Shanghai ansässigen Pharmagruppe Fosun, die sich exklusiv das Recht sicherte, den heiß ersehnten Impfstoff nach China zu bringen.

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