Die EU-Kommission will die Regelung zur Kürzung von EU-Mitteln im Fall von Verstößen gegen Problemen mit der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten ohne Verzögerung anwenden. „Ab dem 1. Januar gilt der Rechtsstaatsmechanismus“, sagte von der Leyen am Freitag im Anschluss an den EU-Gipfel in Brüssel. Von dann an werde ihre Behörde die Lage der Rechtsstaatlichkeit „auch im Rahmen des Mechanismus betrachten“.
Die EU-Länder Polen und Ungarn, die seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen in Brüssel am Pranger stehen, hatten sich heftig gegen die Einführung des Rechtsstaatsmechanismus gewehrt. Sie verweigerten deshalb ab Mitte November ihre Zustimmung zu einem 1,8 Billionen Euro schweren Finanzpaket aus dem EU-Haushaltsrahmen für die kommenden sieben Jahre und dem Corona-Hilfsfonds.
Gelöst wurde die Blockade schließlich beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs durch einen vom deutschen EU-Vorsitz mit den beiden Ländern ausgehandelten Kompromiss über eine erläuternde Erklärung. Darin wird den beiden Ländern unter anderem zugesichert, dass zunächst keine Kürzungen von EU-Geldern erfolgen, wenn sie Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Regelung einreichen.
Von der Leyen bestätigte, dass ihre Behörde, die im Rahmen der beschlossenen Regeln die eventuellen Verfahren gegen Mitgliedstaaten einleiten soll, ein entsprechendes Urteil des EuGH abwarten würde. Aber wenn vorher ein relevanter Bruch mit der Rechtsstaatlichkeit vorliege, dann würde dies aufgenommen. „Vom 1. Januar an geht kein einziger Fall verloren.“ Dies bedeutet, dass der Rechtsstaatsmechanismus nach endgültiger Prüfung durch den EuGH auch rückwirkend angewandt werden kann.
EU-Justizkommissarin Vera Jourova sagte darüber hinaus, sie rechne mit einem raschen EuGH-Verfahren. „Aus meiner Sicht reden wir eher von Monaten als von Jahren.“ Experten waren zunächst davon ausgegangen, dass sich die Anwendung des Mechanismus wegen der gerichtlichen Prüfung womöglich bis ins Jahr 2022 verzögern werde.