Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut, Thomas Mertens, erwartet eine klare Empfehlung der Europäischen Arzneimittelagentur EMA für den Corona-Impfstoff der Unternehmen Biontech und Pfizer. Zwar gebe es mittlerweile Berichte über allergische Reaktionen, sagte Mertens auf SWR2. „Aber man wird versuchen, das in die Fachinformationen aufzunehmen und darauf hinzuweisen.“ Die EMA will am Nachmittag ihre Empfehlung zur Zulassung des Impfstoffs abgeben.
Trotz Umfragen, wonach viele Menschen sich nicht impfen lassen wollen, zeigte sich Mertens optimistisch, dass die angestrebte Herdenimmunität von 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung erreicht werden kann. Er halte die Zahlen über die Impfwilligkeit nicht für besonders aussagekräftig, sagte Mertens dem SWR. „Ich glaube, dass die Zahlen sich ständig verändern werden.“
Das hänge wesentlich davon ab, wie die Impfungen in Deutschland und anderen Ländern abliefen. Wenn die Hochrisikogruppen bis Ende Februar geimpft seien, würden die Menschen seiner Einschätzung nach verstehen, dass eine hohe Durchimpfungsrate für die Wiederaufnahme des gewohnten Lebens erforderlich sei. „Und ich könnte mir gut vorstellen, dass die Menschen, wenn sie sehen, dass aufgrund der Impfstoffgabe nichts Aufregendes passiert, dann auch ihre Meinung ändern werden“, sagte Mertens.
Mertens sagte in dem Interview, dass er die Positionen der Impfkommission in der Impfverordnung von Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU) ausreichend berücksichtigt sehe. Es sei gut und richtig, dass die Empfehlung zur ersten Gruppe der zu Impfenden wortgleich übernommen worden sei. Es gehe darum, zunächst Menschen zu schützen, die ein großes Risiko für schwere Krankheitsverläufe hätten.
Deutlich sprach sich Mertens gegen Forderungen von Hausärzten, Lehrern, Polizisten oder Politikern aus, in die oberste Gruppe der zu Impfenden aufgenommen zu werden. Das sei zu erwarten gewesen, sagte er – „es ist aber nur Ausdruck, dass viele Menschen das Prinzip von Solidarität nicht verstanden haben.“ Solidarität bedeute in diesem Fall für viele zurückzutreten, damit einige wenige den Impfstoff bekommen, die ihn noch dringender bräuchten.
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) berät am Montagnachmittag über die Zulassung des Corona-Impfstoffs des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer. Es wird mit grünem Licht von Seiten der EMA gerechnet. Danach entscheidet die EU-Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten über die Marktzulassung. Eine positive Empfehlung der EMA ist also eine wichtige Voraussetzung dafür, dass in Deutschland wie geplant ab dem 27. Dezember gegen das Coronavirus geimpft werden kann.
In mehreren Ländern – darunter die USA, Kanada und Großbritannien – ist das Vakzin bereits zugelassen. Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen die Impfungen in der EU zwischen dem 27. und dem 29. Dezember beginnen. Über eine Zulassung des Impfstoffes des US-Unternehmens Moderna will die EMA am 6. Januar entscheiden.