Deutsche Staatsanwaltschaften dürfen sogenannte Europäische Ermittlungsanordnungen (EEA) ausstellen. Die Grundrechte der Betroffenen seien dabei geschützt, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Dienstag. 2019 hatte der EuGH geurteilt, dass deutsche Staatsanwaltschaften keinen Europäischen Haftbefehl (EHB) ausstellen dürfen, weil sie im Einzelfall der Weisung des Justizministeriums unterworfen sein können. Darum wollte ein österreichisches Gericht nun wissen, ob dies auch für EEA gilt. (Az. C-584/19)
Mit den Ermittlungsanordnungen kann eine Justizbehörde eines EU-Mitgliedsstaats eine Justizbehörde in einem anderen Mitgliedsstaat um Ermittlungen bitten. Im konkreten Fall beantragte die Hamburger Staatsanwaltschaft in einer Betrugssache Informationen über ein österreichisches Konto. Sie verdächtigt mehrere Menschen, mithilfe gefälschter Überweisungsaufträge knapp 10.000 Euro gestohlen zu haben.
Im Mai 2019 erließ sie in dem Fall eine EEA und übermittelte sie der Staatsanwaltschaft Wien. Diese beantragte die Bewilligung beim Wiener Landgericht für Strafsachen, das wiederum beim EuGH nachfragte, ob es die EEA vollstrecken müsse.
Das muss sie, wie der Gerichtshof nun entschied. Der Erlass einer EEA unterliege einem anderen Verfahren als ein EHB. Es enthalte ausreichend Garantien, die den Schutz der Grundrechte von Verdächtigen sicherstellten.
Auch unterscheide sich das Ziel der beiden Mittel: Ein Haftbefehl ziele auf die Festnahme und Übergabe eines Verdächtigen ab, eine Ermittlungsanordnung dagegen auf das Erlangen von Beweisen. Dies beeinträchtige das „Recht der betroffenen Person auf Freiheit“ nicht.
Deshalb könnten auch Staatsanwaltschaften eine EEA ausstellen, die Gefahr liefen, Anweisungen von der Exekutive zu bekommen. Das ist in Deutschland – anders als in den meisten anderen EU-Mitgliedsstaaten – der Fall, weil Justizminister gegenüber Staatsanwaltschaften weisungsbefugt sind.
Europäische Haftbefehle werden darum nach dem EuGH-Urteil von 2019 in Deutschland vorläufig von Richtern ausgestellt. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) kündigte allerdings in der vergangenen Woche an, eine Gesetzesänderung vorschlagen zu wollen. Damit würden die Weisungsbefugnisse von Justizministern gegenüber Staatsanwaltschaften eingeschränkt.