Hamburg, Bremen und NRW: Erste Zuschläge für Aus von Steinkohlekraftwerken

Kraftwerk
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Beim Kohleausstieg ist nun klar, welche Steinkohlekraftwerke schon bald vom Netz gehen: Zuschläge der Bundesnetzagentur für Kompensationszahlungen im Gegenzug für freiwillige Stilllegungen erhielten am Dienstag unter anderem die Vattenfall-Anlage im Hamburger Stadtteil Moorburg und Kraftwerksblöcke von Uniper, RWE und Steag in Nordrhein-Westfalen. Insgesamt erhalten die Betreiber dafür 317 Millionen Euro.

Die Auktion der Bundesnetzagentur stieß dabei auf großes Interesse der Unternehmen und war mehrfach überzeichnet. Die Ausschreibungen sind Teil der Gesetzgebung zum Kohleausstieg und sollen die Betreiber dazu bewegen, Steinkohleanlagen aus eigenem Antrieb abzuschalten – vor allem solche Anlagen, deren Abschaltung die größte CO2-Einsparung bei gleichzeitig den geringsten Stilllegungskosten bedeutet. 

Künftig sollen weitere Ausschreibungsrunden folgen, mit dann allerdings absinkenden Prämien: So sind etwa für 2026 noch 89.000 Euro pro Megawatt (MW) Nettonennleistung vorgesehen; derzeit sind es maximal 165.000 Euro. Ab 2027 kann die Bundesbehörde dann Steinkohlekraftwerke ordnungsrechtlich stilllegen. Entschädigungen gibt es dann nicht mehr.

Bei der ersten Ausschreibung war das Interesse der Betreiber allerdings groß: „Die Runde war deutlich überzeichnet“, erklärte der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann. Insgesamt elf Gebote für eine Menge von insgesamt 4788 MW erhielten schließlich einen Zuschlag. Nach Angaben der Bundesnetzagentur führte der „hohe Wettbewerb“ dabei dazu, dass der durchschnittliche Zuschlagswert bei 66.259 Euro pro MW lag. Dies liege „deutlich unter dem gesetzlichen Höchstpreis“, hob Homann hervor. 

Zu den Anlagen, die einen Zuschlag erhielten, gehört auch das von Vattenfall betriebene Steinkohlekraftwerk Moorburg. „Dies bedeutet, dass das Kraftwerk schon 2021 stillgelegt wird“, teilte der Konzern mit. Die Entscheidung der Netzagentur ermögliche es, das erst 2015 in Betrieb genommene Kraftwerk „früher als bisher geplant vom Netz zu nehmen“.

Weitere Zuschläge der Bundesnetzagentur erhielten unter anderem Uniper für das Kraftwerk Heyden in Nordrhein-Westfalen, RWE für Kraftwerke in Hamm und Ibbenbüren, Steag für eine Anlage in Duisburg-Walsum und der Energieversorger swb für den Block sechs des Kraftwerks Bremen-Hafen.

Uniper erklärte, das Steinkohlekraftwerk Heyden 4 werde zum 1. Januar die kommerzielle Stromproduktion einstellen und am 1. Juli 2021 endgültig stillgelegt werden – sofern der Übertragungsnetzbetreiber keine Systemrelevanz feststelle.

Hintergrund ist, dass die Anlagen, die einen Zuschlag erhalten haben, laut Bundesnetzagentur ab dem 1. Januar keinen Kohlestrom mehr am Strommarkt vermarkten dürfen. Geprüft wird von den Übertragungsnetzbetreibern allerdings, ob womöglich eine Systemrelevanz besteht, die Anlagen also auch weiter der sogenannten Netzreserve zur Verfügung stehen sollten.

Mit den von der Stilllegung betroffenen Beschäftigten solle nun ein Interessensausgleich gefunden werden, erklärte Uniper. Der Energiekonzern RWE, der nach eigenen Angaben 216 Millionen Euro aus der Auktion erhält, kündigte an, dass es für die gut 250 betroffenen Mitarbeiter an den beiden Standorten keine betriebsbedingten Kündigungen geben und die Stilllegung sozialverträglich gestaltet werden solle.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) begrüßte, dass nun wie geplant „noch in diesem Jahr“ Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von vier Gigawatt vom Netz gingen. Die Politik hatte nach langem Ringen im Sommer den Weg dafür freigemacht, dass Deutschland Schritt für Schritt bis spätestes 2038 aus der Kohle aussteigt. Bis zuletzt weiterlaufen sollen vor allem leistungsstarke Braunkohlekraftwerke; für Stilllegungen anderer Braunkohleanlagen bis Ende 2029 sollen die Kraftwerksbetreiber RWE und Leag hier mit insgesamt 4,35 Milliarden Euro vom Bund entschädigt werden. 

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer erläuterte, die meisten der Kohlekraftwerke, die jetzt einen Zuschlag für die Stilllegung bekommen hätten, wären „zeitnah auch alleine aus dem Markt gegangen“. Denn viele Kohlekraftwerke schrieben „rote Zahlen“.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte, dass der Kohleausstieg zu langsam sei und unnötig teuer gerate. Zudem sei niemandem zu erklären, „warum ein vergleichsweise junges Steinkohlekraftwerk vom Netz geht, während die schmutzigsten Braunkohlekraftwerke noch viele Jahre weiterlaufen dürfen“, erklärte Greenpeace-Energieexperte Andree Böhling.

BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock kritisierte, die deutliche Überzeichnung zeige, „dass der Kohleausstieg deutlich schneller erfolgen kann“. Hier müsse eine neue Bundesregierung nachsteuern, forderte sie.

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