Angesichts eines drohenden „harten Brexit“ am 1. Januar prüft die Fracht-Tochter der Lufthansa eine Ausweitung ihrer Kapazitäten. Lufthansa Cargo prüfe eine Vergrößerung des Luftfrachtangebots auf den Strecken von und nach Großbritannien zum Beispiel mittels größerer oder zusätzlicher Flugzeuge, sagte eine Unternehmenssprecherin der „Welt am Sonntag“. Gleichzeitig habe Lufthansa Cargo bereits sichergestellt, dass alle zur Verfügung stehenden Kapazitäten für Beiladungen buchbar seien.
Die Industrie rechnet dem Bericht zufolge mit Unterbrechungen ihrer Lieferketten über den Ärmelkanal und setzt deshalb auf Luftfracht und erweiterte Lagerhaltung. „In der Beschaffung haben wir strategisch vorausgeplant“, sagte Uwe-Karsten Städter, Porsche-Vorstand für Beschaffung, der „Welt am Sonntag“. „Wir haben zum Beispiel Bauteile aus England für rund zwei Wochen gelagert – um uns für den möglichen Fall von Lieferschwierigkeiten abzusichern.“ Die VW-Tochter Bentley habe ähnliche Vorräte angelegt.
Städter hofft demnach noch, dass die Bestände nicht gebraucht werden und sich die Regierung in London und die EU-Kommission noch auf ein Post-Brexit-Handelsabkommen einigen.
Der Nordeuropa-Chef des Reifenherstellers Michelin, Anish Taneja, sagte der „WamS“, er sehe im Fall eines „harten Brexit“ nicht nur Auswirkungen auf Lieferketten und Preise, sondern er fürchte auch persönliche Probleme für die Mitarbeiter, falls es zu Einschränkungen der Reisefreiheit komme.
„Der Brexit hat das Potenzial, für die Wirtschaft im Chaos zu enden“, sagte Taneja. Sein Unternehmen habe einen Plan B und C in der Schublade. Dazu gehören Flugzeugtransporte und eine erhöhte Lagerhaltung. „Außerdem haben wir geprüft, wie wir alternative Lieferketten nach Irland aufbauen können“, sagte Taneja.
Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. In dieser Übergangsphase ist es bisher nicht gelungen, ein Handelsabkommen für die Zeit nach dem Brexit auszuhandeln. Ohne Einigung würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle erhoben – mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft.