Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Türkei wegen der jahrelangen Inhaftierung des kurdischen Oppositionspolitikers Selahattin Demirtas verurteilt. Das Gericht verlangte am Dienstag die „sofortige Freilassung“ des früheren Vorsitzenden der pro-kurdischen HDP. Die Richter warfen Ankara „mehrere Verstöße“ gegen die Europäische Menschenrechtskonvention vor.
Die Festnahme des früheren Präsidentschaftskandidaten vor gut vier Jahren habe darauf abgezielt, den Pluralismus zu unterdrücken und die freie politische Debatte einzuschränken, erklärte der Gerichtshof. Im Juni hatte bereits das türkische Verfassungsgericht Demirtas‘ Inhaftierung als rechtswidrig eingestuft.
Der charismatische Demirtas war lange ein gefährlicher Rivale für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dann wurde ihm von der Regierung in Ankara „Terrorismus“ vorgeworfen, im November 2016 wurde er inhaftiert. Im noch laufenden Hauptverfahren wegen der Terrorismusvorwürfe drohen Demirtas bis zu 142 Jahre Gefängnis.
Erdogan beschuldigt die HDP, der politische Arm der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein. Die HDP weist dies zurück. Zahlreiche Funktionäre der zweitgrößten türkischen Oppositionspartei sitzen derzeit im Gefängnis, dutzende gewählte HDP-Bürgermeister wurden abgesetzt.