Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat im Kampf gegen die Corona-Pandemie eine deutliche Verschärfung der Maßnahmen gefordert. Sie plädierte am Mittwoch im Bundestag für weitreichende Schließungen nach Weihnachten, forderte aber auch bereits zusätzliche Gegenmaßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus vor den Festtagen. „Wir müssen uns jetzt noch mal anstrengen“ und das „gemeinsam durchstehen“, drängte die Kanzlerin.
In einer Phase bis zum 10. Januar sollten Geschäfte geschlossen werden, sagte Merkel im Bundestag. Es sollten auch die Schulferien verlängert oder auf Digitalunterricht umgestellt werden. Sie schloss sich damit ausdrücklich den Forderungen der Wissenschaftsakademie Leopoldina nach einem bundesweiten harten Lockdown an. Die Empfehlungen seien ihrer Meinung nach richtig. „Nehmen wir das ernst“, sagte die Kanzlerin, „sonst entgleitet uns die Pandemie wieder“.
Merkel rief aber auch dazu auf, schon vor Weihnachten entschiedener gegenzusteuern. Die derzeitige Entwicklung mache ihr Sorgen. Es müsse alles getan werden, damit es nicht wieder zu einem exponentiellen Wachstum der Infektionszahlen komme. Ziel müsse vielmehr bleiben, diese wieder auf 50 neue Fälle in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner zu verringern.
Daher müsse etwa darüber nachgedacht werden, ob die Ferien nicht doch schon am 16. Dezember beginnen könnten oder auf Digitalunterricht umgestellt werde, verlangte Merkel. Kontakte und Reisen müssten in der Weihnachtszeit weiterhin vermieden werden, Hotelübernachtungen für Verwandtenbesuche halte sie weiterhin „für falsch“. Zu einem Fahrplan für neue Beschlüsse von Bund und Ländern äußerte sich Merkel allerdings nicht.
Der Preis von 590 Corona-Toten innerhalb eines Tages sei nicht akzeptabel, sagte die Kanzlerin. Das Robert-Koch-Institut hatte am Mittwochmorgen diesen neuen Höchststand bei den Sterbefällen gemeldet. „Wenn wir jetzt vor Weihnachten zu viele Kontakte haben und es anschließend das letzte Weihnachten mit den Großeltern war, dann werden wir etwas versäumt haben“, sagte die Kanzlerin.
Die ab Januar erwarteten Impfungen gegen das Coronavirus nannte Merkel „einen Hoffnungsschimmer“. Sie warnte allerdings auch vor zu hohen Erwartungen: „Wir werden im ersten Quartal noch nicht so viele Impfungen durchführen können, dass wir eine signifikante Änderung der Situation in der Bevölkerung spüren können.“ Zunächst werde es um „die zügige Impfung von Risikogruppen“ gehen.
Merkel dankte der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dafür, „dass sie bereit sind, Rücksicht zu nehmen“ und zum Schutz aller eigene Bedürfnisse zurückzustellen. Der wichtigste Schlüssel im Kampf gegen die Pandemie bleibe „das verantwortliche Verhalten jedes Einzelnen“, mahnte die Kanzlerin. „Wir sind in einer entscheidenden Phase der Pandemie-Bekämpfung“, hob sie hervor.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich signalisierte Zustimmung zu schärferen Corona-Maßnahmen. „Meine Fraktion unterstützt entsprechende Überlegungen und Beschlüsse“, sagte er in der Debatte. Der Schutz menschlichen Lebens müsse im Vordergrund stehen. Mützenich mahnte aber auch zu sozialer Ausgewogenheit in der Krise. „Starke Schultern“ müssten stärker an deren finanzieller Bewältigung beteiligt werden.