Neue Proteste gegen Verschärfung des Abtreibungsrechts in Polen

Demo gegen Abtreibungsverbot - Bild: findingkp via Twenty20
Demo gegen Abtreibungsverbot - Bild: findingkp via Twenty20

Tausende Polen haben am Sonntag in Warschau erneut gegen eine geplante Verschärfung des Abtreibungsrechts protestiert. Die Demonstranten, die zum Haus von Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski marschieren wollten, wurden immer wieder von der Polizei aufgehalten. Die Straße, in der der Chef der nationalkonservativen Regierungspartei PiS wohnt, wurde schließlich abgesperrt.

In der Nacht hatten Landwirte aus Protest gegen sinkende Erzeugerpreise vor Kaczynskis Haus ein totes Schwein abgelegt und Kartoffeln und Eier auf der Straße verteilt. Sie warfen der Regierung vor, zu wenig gegen den Preisverfall zu unternehmen.

Die Proteste gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts in Polen halten bereits seit Ende Oktober an. Auslöser war ein umstrittenes Urteil des obersten Gerichts, das grünes Licht gibt für die von der PiS-Regierung geforderten Verschärfungen. Ein bestehendes Gesetz, das Abtreibungen von schwer fehlgebildeten Föten erlaubt, erklärten die Richter für verfassungswidrig.

Die Demonstration am Sonntag fand an einem symbolischen Datum für Polen statt: Vor genau 39 Jahren hatte General Wojciech Jaruzelski im Kampf gegen die antikommunistische Solidarnosc-Bewegung das Kriegsrecht verhängt.

Polen hat bereits eine der restriktivsten Abtreibungsgesetzgebungen in Europa. Frauen dürfen Schwangerschaften nur abbrechen, wenn diese Folge von Inzest oder Vergewaltigung sind, ihr Leben in Gefahr ist oder der Fötus schwere Fehlbildungen aufweist. Ein Verbot von Abtreibungen in letzterem Fall käme nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen einem vollständigen Abtreibungsverbot gleich.

In Polen gibt es jährlich weniger als 2000 legal vorgenommene Schwangerschaftsabbrüche. Frauenrechtsorganisationen schätzen jedoch, dass pro Jahr etwa 200.000 Polinnen illegal abtreiben oder dafür ins Ausland gehen. Frauenrechtlerinnen befürchten, dass diese Zahl noch steigt, sollte das Urteil des obersten Gerichts Gesetzeskraft erlangen.

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