Oberster US-Gerichtshof befasst sich mit berühmtem Welfenschatz

Supreme Court, USA - Bild: erykahhill81 via Twenty20
Supreme Court, USA - Bild: erykahhill81 via Twenty20

Mit dem berühmten Welfenschatz hat sich der Oberste US-Gerichtshof in Washington befasst. Der Supreme Court prüfte am Montag die Forderung von Nachfahren deutsch-jüdischer Kunsthändler nach einer Herausgabe der wertvollen Sammlung mittelalterlicher Prunkstücke, die sich im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz befindet. Dabei ging es um die Frage, ob US-Gerichte in dem Rechtsstreit überhaupt zuständig sind. Eine Entscheidung wird erst im kommenden Jahr fallen.

Hintergrund ist der Verkauf von 42 Objekten des Welfenschatzes durch deutsch-jüdische Kunsthändler im Jahr 1935. Deren Nachfahren argumentieren, es habe sich um einen Zwangsverkauf gehandelt. Sie haben deswegen die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Bundesrepublik in den USA auf Herausgabe der Objekte verklagt, deren Wert sie auf mehr als 200 Millionen Euro schätzen.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die den Welfenschatz aus goldglänzenden Reliquien-Behältern, Kreuzen und Tragaltären im Berliner Kunstgewerbemuseum ausstellt, argumentiert, dass der Fall nicht von einem US-Gericht verhandelt werden sollte. Es habe sich um ein Geschäft zwischen Deutschen in Deutschland gehandelt. Die Stiftung hält die Klage zudem für inhaltlich unbegründet: Der Verkauf des Welfenschatzes sei kein „NS-verfolgungsbedingter Zwangsverkauf“ gewesen.

Im Mittelpunkt der telefonisch geführten Supreme-Court-Beratungen vom Montag stand ein US-Gesetz, wonach ausländische Staaten keine Immunität vor US-Gerichten beanspruchen können, wenn im Zuge einer Verletzung internationalen Rechts gegen Besitzrechte verstoßen wurde. Der Holocaust sei ohne jede Frage ein „internationales Verbrechen“, sagte Kunsthändler-Nachfahre Jed Leiber vor der Verhandlung der Nachrichtenagentur AFP. 

Mehrere Verfassungsrichter äußerten aber Zweifel, dass das Gesetz sich auf den Welfenschatz und die Umstände seines Verkaufs anwenden lässt. Die neue Richterin Amy Coney Barrett etwa sagte, bei einer breiten Auslegung des Gesetzes müssten sich bald „700 Bundesrichter“ in den USA mit solchen Ansprüchen befassen.

2014 war eine deutsche Prüfkommission unter dem Vorsitz der ehemaligen Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, zu dem Ergebnis gelangt, die Sammlung sei kein Fall von NS-Raubkunst. Der Erwerb der Sammlung durch den preußischen Staat 1935 sei kein „verfolgungsbedingter Zwangsverkauf“ gewesen. 

Der Schatz mit Prunkstücken aus dem 11. bis 15. Jahrhundert gehörte ursprünglich dem Dom von Braunschweig, ging aber 1671 in den Besitz des Fürstenhauses der Welfen über. Dieses verkaufte die 82 Objekte 1929 an ein Konsortium von jüdischen Kunsthändlern, die die Sammlung laut Kaufvertrag weiter veräußern sollten. Zunächst gelang ihnen der Verkauf aber nur mit etwa der Hälfte der Stücke.

1934 trat dann die Dresdner Bank im Auftrag des preußischen Staates an das Konsortium heran, um die restliche Sammlung aufzukaufen, die sich seinerzeit außerhalb Deutschlands in Amsterdam in Verwahrung befand. Ein Jahr später schlossen beide Seiten das Geschäft für eine Kaufsumme von 4,25 Millionen Reichsmark ab. Bei Kriegsende beschlagnahmten die Alliierten die Stücke in Berlin. Später landeten sie bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die sie seither öffentlich ausstellt.

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