Das für die Prüfung von Impfstoffen zuständige Bundesinstitut hat den Weg für den Start der Corona-Impfungen am Sonntag geebnet. Das Paul-Ehrlich-Institut gab nach Angaben vom Mittwoch drei Chargen mit rund 4,1 Millionen Dosen des Corona-Impfstoffs der Hersteller Biontech und Pfizer frei. Die Freigabe ist Voraussetzung für die Anwendung des Vakzins. Die Zahl der täglich verzeichneten Corona-Todesfälle erreichte mit 962 binnen 24 Stunden einen neuen Höchstwert.
Noch bis Jahresende sollten 1,3 Millionen Dosen des Biontech-Impfstoffs in Deutschland ausgeliefert werden, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der ARD. „Diese Dosen werden schon einen großen Unterschied machen können für viele Pflegeeinrichtungen.“ Im Sommer dürfte dann genug Impfstoff für alle Impfwilligen bereitstehen – vorausgesetzt, es würden wie erwartet neue Impfstoffe zugelassen.
Das Paul-Ehrlich-Institut erteilte die Freigabe für den Biontech-Impfstoff nach eigenen Angaben bereits am Dienstag – einen Tag nach der Zulassung des Stoffs durch die EU-Kommission. Die rasche Freigabe sei dadurch möglich geworden, dass die wissenschaftliche Prüfung der Chargen bereits vor der Zulassung begonnen worden sei, um den Prozess zu beschleunigen, teilte das Institut mit. Dieses Verfahren werden auch bei Impfstoffen gegen andere Infektionskrankheiten häufig angewendet.
In Deutschland schreibt das Arzneimittelgesetz vor, dass das Institut jede Charge – also Produktionseinheit – von Impfstoffen auf ihre Qualität untersuchen und dann bei einem positiven Befund freigeben muss.
Der US-Pharmakonzern Pfizer begann am Mittwoch in Belgien mit den ersten für EU-Länder bestimmten Auslieferungen des gemeinsam mit Biontech entwickelten Corona-Impfstoffs. Drei Tiefkühllaster verließen am Morgen das Pfizer-Werk im belgischen Puurs, wie eine AFP-Reporterin vor Ort feststellte. Die Transporter wurden demnach von einem großen Polizeiaufgebot begleitet.
In Deutschland sollen voraussichtlich rund 150.000 Dosen des Impfstoffs am Samstag an die Bundesländer ausgeliefert werden. Am Sonntag sollen dann die ersten Impfungen starten – zunächst in Pflege- und Altenheimen.
Die Kommunen beklagten vor dem Impfstart einen Mangel an öffentlicher Information. „Wir brauchen zum Impfstart nach Weihnachten eine bundesweite Aufklärungskampagne“, fordert Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, gegenüber dem „Spiegel“. Die Menschen seien „verunsichert“, sagte er. „Sie hören, dass es losgeht, wissen aber nicht, was sie jetzt tun sollen.“ Eine Kampagne könne zum Beispiel TV-Spots beinhalten.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) bedauerte, dass zunächst nur eine relativ begrenzte Zahl von Impfdosen gegen das Coronavirus zur Verfügung stehen wird. „Die Nachricht, dass der Impfstoff früher zugelassen wird als geplant, fand ich sehr positiv. Die geringere Zahl der Impfdosen dämpft die Freude darüber ein wenig“, sagte er der „Welt“. Der Ministerpräsident äußerte die Hoffnung, „dass das nicht das letzte Wort ist“.
Angesichts der nach wie vor hohen Infektionszahlen rief Minister Spahn die Bürger zum Daheimbleiben über die Feiertage auf. „Wir entscheiden jetzt über Weihnachten, wie es anschließend auf den Intensivstationen weitergeht“, sagte er in der ARD. „Bitte Kontakte reduzieren, auch wenn es schwerfällt. Weil das ist wichtig für die Pflege.“
Die Zahl der verzeichneten Neuinfektionen innerhalb eines Tages betrug nach Angaben des Robert-Koch-Instituts vom Mittwoch 24.740. Dies waren rund 3000 weniger als vor einer Woche.