Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sorgt sich um unbewältigte seelische Folgen der Corona-Pandemie. „Wir alle sind jetzt seit langer Zeit wieder ernsthaft mit der Verletzlichkeit unseres Lebens konfrontiert“, sagte Steinmeier der Wochenzeitung „Die Zeit“. „Viele erleben das als Angriff auf ihr Selbstwertgefühl, als Verunsicherung, und bei manchen ruft das Ablehnung hervor.“
Damit die Gesellschaft all das besser verarbeiten könne, wünsche er sich „ein öffentliches Trauergedenken für die vielen Toten der Corona-Pandemie und ihre Angehörigen, die häufig noch nicht einmal Beistand leisten konnten“, sagte Steinmeier. Er wies darauf hin, dass in der Pandemie wegen der Besuchsbeschränkungen viele Menschen „einen bitteren, einsamen Tod gestorben“ seien.
Die vom Präsidialamt initiierten Gespräche zwischen Anhängern härterer Maßnahmen und solchen, die die geltenden rigoros ablehnen, seien „herausfordernder“ als zu jedem anderen Thema gewesen, berichtete Steinmeier. „Die Ablehnung der Corona-Maßnahmen hat bei manchen den Charakter eines säkularen Glaubensbekenntnisses angenommen, einer in sich geschlossenen Welt, in die man von außen nur noch schwer reinkommt.“
Sein Verständnis für die Demonstranten höre auf, „wenn Antisemitismus und Extremismus sich in das Gewand des Corona-Protests hüllen“, sagte der Präsident. „Ich zwinge mich dann, mir zu sagen: Das ist unerträglich, aber es ist nur eine kleine Minderheit.“