US-Verteidigungsminister Christopher Miller hat am Dienstag in Kabul den afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani getroffen. Es sei bei dem Gespräch vor allem um die laufenden Friedensgespräche mit den radikalislamischen Taliban gegangen, die das Pentagon in der Mitteilung als „historische Chance auf Frieden“ in dem Land bezeichnete. Aus Sicherheitsgründen war der Besuch zuvor nicht offiziell bekanntgegeben worden.
Miller, der das Amt des Verteidigungsministers bis zur Amtsübernahme des gewählten US-Präsidenten Joe Biden im Januar kommissarisch ausübt, traf sich auch mit dem Kommandeur der US-Truppen in Afghanistan, General Scott Miller. Der Minister habe „seine Einschätzung der Sicherheitslage im Land“ erfahren wollen, hieß es in der Erklärung.
Der scheidende US-Präsident Donald Trump bemüht sich derzeit, den Truppenabzug aus dem Bürgerkriegsland zu beschleunigen. Im November erklärte das Pentagon, bis zum 15. Januar solle die Zahl der in Afghanistan stationierten US-Soldaten von rund 4500 auf 2500 gesenkt werden.
Das Pentagon hatte darauf gedrängt, im kommenden Jahr mindestens 4500 Soldaten in Afghanistan zu belassen. Noch vor einem Jahr waren rund 13.000 US-Soldaten in Afghanistan stationiert gewesen.
Die US-Regierung hatte im Februar ein Abkommen mit den Taliban geschlossen. Die USA sagten einen vollständigen Truppenabzug bis Mitte 2021 zu, im Gegenzug gaben die Taliban Sicherheitsgarantien ab. Im September begannen dann in Doha Friedensverhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban. In inhaltlichen Fragen sind bislang aber keine Fortschritte erzielt worden.
Beobachter fürchten, dass eine deutliche Reduzierung der US-Truppen in Afghanistan letztlich die Taliban stärken könnte. Es ist unklar, ob die kommende US-Regierung an den mit den Taliban vereinbarten Abzugsplänen festhalten wird.
In den vergangenen Monaten hat die Gewalt in Afghanistan wieder zugenommen. Fast täglich gibt es Angriffe der Taliban gegen Sicherheitskräfte. Bei einem Bombenanschlag in Kabul wurden am Dienstag nach Angaben von Behörden mindestens fünf Menschen getötet. Unter den Toten waren demnach vier Ärzte, die in einem Gefängnis arbeiteten, in dem hunderte Taliban gefangen gehalten werden.