Verbraucherschützer erwarten „sehr schwieriges“ Jahr 2021

Vertragsunterzeichnung - Bild: 5m3photos via Twenty20
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Verbraucherschützer rechnen wegen der Corona-Krise mit einem „sehr schwierigen“ Jahr 2021 für Verbraucher – und fordern die Politik zum Gegensteuern auf. Bereits jetzt meldeten sich bei den Verbraucherzentralen immer mehr Menschen, vor allem Soloselbstständige, die ihre Überschuldung fürchteten, und auch die Insolvenzberatungen meldeten zunehmenden Zulauf, sagte am Donnerstag Deutschland oberster Verbraucherschützer Klaus Müller. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert daher vor allem einen besseren Schutz vor Kostenfallen und die Beteiligung der Vermieter an höheren Heizkosten.

Verträge fürs Handy, Fitnessstudio oder den Streamingdienst müssten schneller und einfacher kündbar sein, forderte Müller. Der vzbv kritisiert insbesondere ungewollte Vertragsverlängerungen: Wenn sich nicht mehr gewollte Verträge automatisch um ein ganzes Jahr verlängern, sei das nicht nur ärgerlich, sondern binde auch Geld, das Verbraucher an anderer Stelle gebrauchen könnten. Kunden sollten solche „Dauerschuldverhältnisse“ generell binnen Monatsfrist kündigen können, sagte Müller.

Beim Thema Reisen forderte der vzbv-Chef eine Einschränkung oder gar Abschaffung der Vorkasseregelung. Anders als bei anderen Gütern müssen Verbraucher bei Flügen hundert Prozent im Voraus bezahlen, bei Pauschalreisen einen großen Anteil, wie er kritisierte. Er räumte ein, die Durchsetzung dieser Forderung sei „ein dickes Brett“. Dass die Bundesregierung in diesem Jahr lange Zwangsgutscheine favorisiert habe, habe die Verbraucherschützer „schwer erschüttert“.

In der Corona-Krise hätten sich die Anfragen von Verbrauchern zum Thema Reise „verzwanzigfacht“, berichtete Müller. Noch immer gebe es Beschwerden von Kunden, die sich mit einer Fluggesellschaft oder einem Reiseveranstalter um eine Entschädigung für ausgefallene Leistungen stritten. Der Staat müsse hier dafür sorgen, dass die Unternehmen geltende Verbraucherrechte auch anwenden, mahnte Müller. 

Die Chance, Schadenersatz für eine Vielzahl von Verbrauchern einzuklagen, sieht der vzbv in der neuen EU-Verbandsklagerichtlinie. Sie müsse rasch in deutsches Recht umgesetzt werden, forderte Müller. Geeignet ist eine solche Verbandsklage vor allem, wenn die Schäden für den Einzelnen gering, für das Unternehmen aber in der Summe beträchtlich sind – etwa bei unrechtmäßigen Bankgebühren oder Gebühren für das Selbstausdrucken eines Tickets. Mit der deutschen Musterfeststellungsklage können Verbände bislang lediglich einen Anspruch auf Schadenersatz einklagen. Individuelle Ansprüche müssen Verbraucher danach aber selbst durchsetzen. 

Eine Stärkung der Verbraucherrechte verlangt der vzbv auch bei zu geringer Internetgeschwindigkeit oder bei längeren Netzstörungen: In solchen Fällen müsse der zuständige Anbieter automatisch eine Entschädigung leisten und die Rechnung mindern, sagte Müller. So hätten die Provider einen finanziellen Anreiz, für stabile Netzverbindungen zu sorgen. 

Mit Blick auf den Klimaschutz, der den meisten Verbrauchern laut Umfrage nach wie vor wichtig ist, dringen die Verbraucherschützer auf einen starken öffentlichen Personennahverkehr und Mobilitätsangebote, die „mit wenigen Klicks“ zu organisieren sind. Die ab 2021 wegen der CO2-Abgabe höheren Heizkosten sollten sich Vermieter und Mieter hälftig teilen, fordert der vzbv – dies sollten nicht die Mieter alleine tragen müssen. 

Der vzbv stellte für das Wahljahr insgesamt elf Kernforderungen auf. Dazu gehören etwa auch eine starke Altersvorsorge mittels eines staatlich organisierten Standardprodukts, eine Reform der Pflegeversicherung sowie Standards für gesunde und nachhaltige Lebensmittel. 

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