Nach den Stichwahlen um zwei Senatsposten im US-Bundesstaat Georgia rückt für die Demokraten des künftigen Präsidenten Joe Biden eine Mehrheit in der umkämpften Kongresskammer immer näher. In einer bislang noch nicht offiziell entschiedenen Abstimmung erklärte sich am Mittwoch der demokratische Kandidat Jon Ossoff zum Sieger. Zuvor hatte sich bereits der Demokrat Raphael Warnock laut Medienberichten in der zweiten Stichwahl durchgesetzt. Am Mittwoch stand in Washington die Bestätigung von Bidens Wahlsieg an – der abgewählte Präsident Donald Trump und dessen Anhänger versuchen, das Votum im Kongress zu torpedieren.
Im traditionell konservativen Georgia hatte sich die Auszählung der Stimmen nach Schließung der Wahllokale rasch zu einer Zitterpartie entwickelt; in beiden Abstimmungen lagen die Kandidaten eng beieinander. In der besonders knappen Stichwahl zwischen Ossoff und dem republikanischen Amtsinhaber David Perdue meldeten US-Medien zunächst keinen Sieger. Ossoff erklärte jedoch am Mittwoch, er habe die Wahl für sich entschieden.
In der Nacht zum Mittwoch hatten die TV-Sender CNN, CBS und NBC bereits den Sieg des Demokraten Warnock in der Stichwahl gegen die republikanische Senatorin Kelly Loeffler verkündet. Der 51-jährige Pastor Warnock ist der dritte Afroamerikaner, der in einem südlichen US-Bundesstaat in den Senat gewählt wird. Loeffler räumte ihre Niederlage vorerst nicht ein. Sie will die vollständige Auszählung der Stimmen abwarten.
Sollte sich der von Ossoff reklamierte zweite Sieg bei den Stichwahlen bestätigen, hätten die Demokraten künftig die Oberhand im Senat. Da die Demokraten bereits im Repräsentantenhaus – der anderen Kongresskammer – die Mehrheit stellen, hätten sie bei Eroberung der beiden Senatsmandate von Georgia künftig die Kontrolle über den gesamten Kongress.
Vor den Stichwahlen hatten die Republikaner im neuen Senat 50 Sitze sicher, die Demokraten 48. Gewinnen die Demokraten in Georgia beide Sitze, entstünde zwar eine Patt-Situation. Dennoch wären die Demokraten dann im Vorteil, weil bei einem Patt die künftige Vizepräsidentin Kamala Harris, die kraft ihres Amtes auch Senatspräsidentin sein wird, mit ihrer Stimme den Ausschlag geben würde.
Auf der anderen Seite müssten die Republikaner nur eines ihrer beiden Senatsmandate in Georgia verteidigen, um in der Kammer in der Mehrheit zu bleiben. Die Nachwahlen waren notwendig geworden, weil keiner der Senatskandidaten in Georgia bei den parallel zur Präsidentschaftswahl abgehaltenen Kongresswahlen vom 3. November auf mehr als 50 Prozent gekommen war.
Die Kontrolle der Demokraten über den gesamten Kongress würde Biden das Regieren erheblich erleichtern. Behalten die Republikaner hingegen die Mehrheit im mächtigen Senat, können sie politische Vorhaben und Personalentscheidungen des künftigen Präsidenten blockieren. Biden soll Trump am 20. Januar im Weißen Haus ablösen.
Am Mittwoch stand in Washington die formelle Bestätigung des Ergebnisses der Präsidentschaftswahl durch Repräsentantenhaus und Senat an. Normalerweise ist dies reine Formsache – diesmal kündigte jedoch ein Teil der republikanischen Parlamentarier Vorstöße zur Blockade der Wahl-Zertifizierung an. Diese Initiativen gelten als aussichtslos, könnten aber den Zeitplan durcheinander bringen.
Trump-Anhänger, darunter auch Mitglieder rechtsradikaler Gruppen, wollten am Mittwoch in Washington gegen die Bestätigung von Bidens Sieg demonstrieren. Trump selbst kündigte an, er werde auf der Kundgebung eine Rede halten.
Trump behauptet seit Wochen ohne Nennung von Beweisen, bei der Wahl habe es massiven Betrug gegeben. Dutzende von seinem Lager ausgegangene Anfechtungen der Wahl wurden von den Gerichten abgewiesen.