Mehr als 100 britische Musiker haben in einem am Mittwoch von der Londoner „Times“ veröffentlichten offenen Brief über die Folgen des Brexit-Abkommens für ihre Branche geklagt. Die britische Regierung habe die Musiker „schändlich fallen gelassen“, als sie die Vereinbarungen mit Brüssel über den endgültigen Austritt Großbritanniens aus der EU getroffen habe, heißt es in dem offenen Brief, der unter anderem von Elton John und Roger Daltry unterzeichnet war.
Dort, wo es für Musiker „Bewegungsfreiheit“ geben sollte, gebe es stattdessen ein „tiefes Loch“, beklagten die Musiker. Seit dem 1. Januar müssten Musiker nun Visa beantragen, wenn sie sich in die EU begeben wollten. Dies sei auch mit neuen Kosten verbunden. Zu den Unterzeichnern des Briefes zählen auch der Klassik-Dirigent Simon Rattle, Liam Gallagher von Oasis und Brian May von The Queen.
Die Regierung in London und die EU machen sich gegenseitig für das Problem verantwortlich. Die britische Regierung erklärte, sie habe der EU Vorschläge unterbreitet, um ein „ambitioniertes Abkommen“ für zeitlich befristete Geschäftsreisen einschließlich der Reisen von Musikern zu vereinbaren. Dies sei jedoch von der EU abgelehnt worden.
EU-Chefunterhändler Michel Barnier wiederum bestritt, dass er sich der Bewegungsfreiheit für Musiker widersetzt habe. Nach Informationen der britischen Tageszeitung „The Independent“ wies London einen Vorschlag der EU zurück, nach dem Künstler für eine Dauer von drei Monaten von den Visa-Regelungen ausgenommen werden sollten.
Die Unterzeichner des Briefes machten darauf aufmerksam, dass viele Tourneen von Musikern aufgrund der neuen Bestimmungen nicht zustande kommen könnten. Das gelte gerade für junge Musiker, die noch damit beschäftigt seien, sich „über Wasser zu halten“, fügten die Autoren des Briefes unter Verweis auf die zusätzlichen Belastungen hinzu, die mit der Eindämmung der Corona-Pandemie einhergingen.
Eine an die Londoner Regierung und das britische Parlament gerichtete Petition, in der ein Verzicht auf Visa für reisende Künstler und Musiker gefordert wird, wurde von 263.000 Menschen unterzeichnet.