Angesichts weiter hoher Infektionswerte und zusätzlicher Gefahren durch mutierte Coronaviren haben sich Bund und Länder auf eine Verschärfung der Corona-Schutzmaßnahmen verständigt. Treffen sollen nur noch mit einer haushaltsfremden Person möglich sein, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten der Länder mitteilte. Zudem werden die geltenden Maßnahmen bis zum 31. Januar verlängert.
Zusätzlich beschlossen wurde eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit in Corona-Hotspots mit einem Inzidenzwert von mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen. Dort lebende Menschen sollen sich ohne triftigen Grund nur noch bis zu 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen dürfen. Besonders tagestouristische Ausflüge sollen damit nicht mehr möglich sein.
Schulen und Kindergärten sollen dem Beschluss zufolge im gesamten Januar weitgehend geschlossen bleiben. Die Ausnahmen für Abschlussklassen bleiben aber bestehen. Eltern sollen bis zu zehn zusätzliche Tage und Alleinerziehende bis zu 20 Tage Kinderkrankengeld in Anspruch nehmen können. Dies soll ausdrücklich auch dann gelten, wenn sie wegen Betreuungsproblemen aufgrund der Schließung von Schulen und Kitas nicht arbeiten können.
Von den neuen Kontakteinschränkungen soll es offensichtlich auch keine Ausnahmen mehr für Kinder geben. Die Länder müssen die Beschlüsse nun jeweils durch neue Verordnungen umsetzen. Am 25. Januar wollen die Regierungschefs von Bund und Ländern die Lage neu bewerten und über weitere Maßnahmen für Februar beraten.
Verschärft werden auch die Testpflichten für Reiserückkehrer aus ausländischen Risikogebieten. Sie müssen künftig zusätzlich bei der Einreise oder in den 48 Stunden davor einen Coronatest machen. Ansonsten bleiben die bisherigen Test- und Quarantänevorgaben bestehen.
Merkel verwies zur Begründung der Beschlüsse auf die weiterhin hohe Belastung der Intensivstationen in Deutschland, aber auch auf neue Gefahren durch die Ausbreitung einer sehr ansteckenden Mutation des Coronavirus. „Wir müssen besonders vorsichtig sein“, betonte daher die Kanzlerin. Es gebe eine „wirklich große Sorge um ein mutiertes Virus“, sagte auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Söder sprach ebenfalls von einer ernsten Lage, es gebe „keine Möglichkeit zur Entwarnung“. Forderungen nach Lockerungen wies er zurück: „Je weniger intensiv wir einen Lockdown machen, desto länger wird er dauern mit der Gefahr der geringen Wirkung.“ Ähnlich äußerte sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): „Es gibt keinen Anlass dafür zu glauben, dass ohne tatkräftiges Handeln die Pandemie an Kraft und Gefahr verliert“, hob er hervor.
Hoffnungen richten sich weiterhin vor allem auf die Ende Dezember angelaufene Impfkampagne. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach von einem „weiteren Standbein“ für die Pandemiebekämpfung. Er pochte allerdings auf eine Verstetigung der aktuell stockenden Impfstofflieferungen. Hier sei „die Bundesregierung in der Pflicht“, sagte auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).
„Jens Spahn macht einen prima Job“, nahm Merkel den CDU-Bundesgesundheitsminister gegen Kritik an Verzögerungen und Engpässen bei der Impfstoffversorgung in Schutz. Die Kanzlerin sicherte auch zu, der Staat werde die Impfstoffhersteller „mit aller Kraft“ unterstützen, um die Produktion anzukurbeln.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verteidigte ausdrücklich die in der Kritik stehende gemeinsame Impfstrategie der Europäischen Union. „Wir halten den europäischen Weg, den man eingeschlagen hat, für richtig“, sagte er in Düsseldorf.
Von den Oppositionsparteien wurden die Beschlüsse unterschiedlich bewertet. Die FDP kritisierte besonders die Einschränkung der Bewegungsfreiheit in Corona-Hotspots. Aus der Linkspartei kam grundsätzliche Zustimmung zu den Beschlüssen. Auch die deutschen Intensivmediziner und die Ärztegewerkschaft Marburger Bund begrüßten die neuen Corona-Beschlüsse.