Das Jobcenter muss Eltern im Einzelfall auch Unterkunftskosten für ein Kind bezahlen, wenn dieses selbst keinen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen hat. Voraussetzung sind ein besonderer Bedarf und eine besondere Härte, wie am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied. Es betonte, dass Hilfebedürftige nicht zwischen die Systeme fallen dürfen – hier Hartz IV und Arbeitsförderung. (Az: B 14 AS 35/19 R)
Klägerin ist eine alleinerziehende Mutter aus Rheinland-Pfalz, die von Hartz IV lebt. Mit 26 Jahren begann ihre Tochter eine von der Bundesagentur für Arbeit geförderte Berufsausbildung in einem Berufsförderwerk ohne nennenswertes Einkommen. Unter der Woche war sie in einem Internat untergebracht und bekam dort auch Essen, an den Wochenenden und in den Ferien kam sie aber zu ihrer Mutter.
Das Jobcenter zahlte der Mutter die Unterkunftskosten nur noch zur Hälfte. Denn auch die Tochter nutze die Wohnung ja weiter. Nach dem „Kopfteilprinzip“ habe die Mutter nur Anspruch auf ihren hälftigen Anteil an Miete und Nebenkosten. Für die von der Arbeitsagentur unterstützte Tochter gebe es keine Hartz-IV-Leistungen mehr.
Der Mutter fehlten nun monatlich gut 200 Euro. Mit ihrer Klage wollte sie erreichen, dass das Jobcenter weiterhin die Kosten der gesamten Wohnung übernimmt. Nach dem Kasseler Urteil ist dies nicht ausgeschlossen. Voraussetzung seien „bedarfsbezogene Gründe“ und eine besondere Härte.
Grundsätzlich sei das „Kopfteilprinzip“ allerdings üblich und richtig. Es diene bei mehreren Bewohnern dazu, ihnen den jeweiligen Anteil an den Unterkunftskosten zuzuweisen – insbesondere auch dann, wenn Mitbewohner von Hartz-IV-Empfängern über ausreichend eigene Mittel verfügen.
Hier sei dies aber sicher nicht der Fall. Auch liege wohl eine Härte vor, weil die Mutter ihre Tochter weiter unterstützen sollte. Eine Ausnahme vom „Kopfteilprinzip“ sei daher möglich.
Bislang ungeklärt und zwischen den Parteien umstritten war allerdings, ob die Tochter als Auszubildende einen darlehensweisen Zuschuss für ihren Mietanteil hatte. Wenn ja, stünde dies einem höheren Leistungsanspruch der Mutter entgegen, so das BSG. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in Mainz soll dies nun klären.
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