Vor der richtungsweisenden Entscheidung über den CDU-Vorsitz haben führende Christdemokraten ihre Partei zur Geschlossenheit aufgerufen. Der künftige Vorsitzende habe den Anspruch auf die „gesamte Solidarität der Partei“, sagte CDU-Vizechef Volker Bouffier am Freitag vor Journalisten. Die stellvertretende Vorsitzende Julia Klöckner wies auf die bevorstehenden Landtags- und Bundestagswahlen hin, bei denen die CDU geschlossen auftreten müsse: „Ich setze auf Solidarität und Einsicht“, sagte sie mit Blick auf die Rivalen um den CDU-Vorsitz.
Am Samstag sollen die 1001 Delegierten des CDU-Bundesparteitags digital den Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer bestimmen. Einen klaren Favoriten unter den Kandidaten – Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, Ex-Fraktionschef Friedrich Merz und Ex-Minister Norbert Röttgen – gibt es nicht.
Laut Umfragen ist es keinem von ihnen gelungen, sich als Idealbesetzung für Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur zu empfehlen. Im neuen ZDF-„Politbarometer“ vom Freitag erklärten nur jeweils 29 Prozent der Befragten, sie hielten Merz oder Röttgen für kanzlertauglich. 28 Prozent sagte dies über Laschet.
Der CDU-Vorstand bekräftigte auf einer Sitzung am Donnerstagabend, dass die Parteispitze geschlossen hinter dem neuen Vorsitzenden stehen werde, wie Generalsekretär Paul Ziemiak sagte. Der Vorstand habe zudem der abtretenden Chefin Kramp-Karrenbauer „ganz herzlich für ihre Arbeit gedankt“.
Auf einen harten Streit um die künftige Ausrichtung der CDU hatten die drei Vorsitzkandidaten in den Wochen vor dem Parteitag weitgehend verzichtet. Laschet empfahl sich als der Bewerber, der am ehesten den Mitte-Kurs der langjährigen Vorsitzenden Angela Merkel fortsetzen will. Merz gilt als Vertreter des konservativen Lagers. Der als Außenseiter angetretene Röttgen empfahl sich als Modernisierer, der sich keinem Lager zuordnen lassen wolle.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) forderte ein klares Profil seiner Partei im anstehenden Bundestagswahlkampf. Es dürfe nicht gleich in Koalitionen gedacht werden, sagte Kretschmer. Er halte es für einen „riesigen Fehler“, wenn etwa beim Programm ein Bündnis mit den Grünen mitformuliert werde. „Die CDU tritt für ihre Ziele an“, betonte er.
Unterstützer der Kandidaten meldeten sich auch kurz vor dem Parteitag zu Wort. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzende Daniel Günther empfahl in der „Rheinischen Post“ die Wahl Laschets: „Ich setze auf den erfolgreichen Kurs der Mitte, eine breite Aufstellung als Volkspartei und unterstütze Armin Laschet.“
Der Vorsitzende der Nachwuchsorganisation Junge Union (JU), Tilman Kuban, warb für seinen Wunschkandidaten Merz. Die Volksparteien würden mit einem CDU-Vorsitzenden Merz unterscheidbarer, sagte Kuban den Sendern RTL und n-tv. „Er würde dafür sorgen, dass die Ränder kleiner würden.“
Mit der Abstimmung am Samstag geht ein parteiinterner Vorwahlkampf zu Ende, der sich wegen der Corona-Pandemie fast ein Jahr lang hingezogen hatte. Kramp-Karrenbauer hatte bereits im Februar vergangenen Jahres ihren Rücktritt angekündigt. Wegen der Pandemie mussten zwei Parteitagstermine für die Wahl des Nachfolgers verschoben werden – im April und im Dezember.
Der Parteitag beginnt am Freitagabend mit Kramp-Karrenbauers Abschiedsrede und einem Grußwort von Kanzlerin Merkel. Die Wahl ist für Samstagvormittag vorgesehen. Sie findet digital statt – die 1001 Delegierten geben ihre Stimme also am Computer ab. Sollte keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit bekommen, gehen die beiden Erstplatzierten in eine Stichwahl.
Der Sieger wird schließlich noch einmal per Briefwahl bestätigt – dies ist nötig, um das Ergebnis rechtssicher zu machen. Die Briefwahlstimmen sollen dann am 22. Januar ausgezählt werden. Die drei Kandidaten hatten im Vorfeld vereinbart, dass nur der Sieger der Digitalabstimmung antritt – die beiden anderen wollen dann verzichten.