Endspurt der Bewerber um den CDU-Vorsitz: Der frühere Fraktionschef Friedrich Merz zeigte sich kurz vor dem Wahlparteitag für den Fall seiner Niederlage offen dafür, sich an anderer Stelle in der Partei zu engagieren. Ex-Minister Norbert Röttgen bot sich am Mittwoch als Kandidat an, der über den innerparteilichen Lagern stehe. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet schlug ein „Entfesselungspaket“ vor, um die Wirtschaft nach der Pandemie wieder in Schwung zu bekommen.
Am Samstag sollen die 1001 Delegierten auf einem digitalen CDU-Parteitag über den neuen CDU-Chef entscheiden. Merz, Laschet und Röttgen konkurrieren dabei um die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer.
Merz sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND), er könne sich im Verlauf des Wahljahrs eine andere wichtige Rolle in der Partei vorstellen, sollte er nicht zum CDU-Chef gewählt werden. Die Entscheidung darüber müssten dann der neue Parteichef und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) treffen. In der CDU war es Merz zum Teil verübelt worden, dass er sich nach seiner Niederlage im Rennen um den CDU-Vorsitz 2018 zurückgezogen hatte und zunächst kein Parteiamt übernahm.
Merz verwahrte sich in dem RND-Interview dagegen, bei der Entscheidung als Frontfigur der Merkel-Gegner betrachtet zu werden. „Das passt mir überhaupt nicht“, sagte er. „Die Bilanz von Angela Merkel ist sehr positiv.“ Er respektiere die Leistung der Kanzlerin, vor allem derzeit in der Corona-Krise.
Laschet brachte derweil in den Zeitungen der Funke Mediengruppe ein „Entfesselungspaket“ ins Gespräch, um die Wirtschaft nach der Pandemie wieder in Schwung zu bringen. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Zeit nach der Pandemie genau so schwierig wird wie die jetzige“, sagte er. Konkret forderte Laschet schnellere Plan- und Genehmigungsverfahren, Bürokratieabbau und weitere Erleichterungen für Unternehmen.
Röttgen warnte die CDU vor einer Spaltung und bot sich als Kandidat für alle Strömungen an. „Ich bin kein Lager und wir dürfen auch nicht in Lagern in der CDU denken“, sagte er den Sendern RTL und ntv. Er gehe davon aus, dass die Laschet-Anhänger sich hinter ihm versammeln würden, wenn er – Röttgen – gegen Merz in die Stichwahl einziehen sollte, sagte der frühere Umweltminister.
Dass die scheidende Parteivorsitzende Kramp-Karrenbauer eine Wahl-Empfehlung für Laschet habe durchscheinen lassen, halte er für wenig förderlich, sagte Röttgen: „Ich glaube auch nicht, dass die Delegierten jetzt so dringend darauf warten, dass ihnen andere sagen, wen sie denn als Delegierte wählen sollen. Das können die selbst.“
Kramp-Karrenbauer hatte zuvor gesagt, sie wünsche einen Nachfolger mit Regierungserfahrung. Mit Blick auf dieses Kriterium hob sie in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Mittwoch unter ihren Nachfolgekandidaten insbesondere NRW-Ministerpräsident Laschet hervor: „Aber die eigentliche Regierungserfahrung, da haben Sie recht, die liegt bei Armin Laschet“, sagte sie.
Der in der CDU populäre Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hielt seine längerfristigen Ambitionen vor dem Parteitag bedeckt. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk wich er einer Antwort auf die Frage aus, ob er sich eine Konstellation vorstellen könne, in der er auf dem Parteitag im zweiten Wahlgang doch noch für den CDU-Vorsitz antritt. „Ich kriege den ganzen Tag irgendwelche Was-wäre-wenn-Fragen gestellt“, sagte Spahn. „Mein Ziel ist, dass Armin Laschet Vorsitzender wird.“ Spahn und Laschet treten auf dem Parteitag als Team an – mit Laschet als Nummer eins.
Zur Frage einer möglichen eigenen Kanzlerkandidatur sagte Spahn: „Stand heute schließe ich das aus.“ Zu Medienberichten, er habe parteiintern hinter den Kulissen die Chancen einer Kanzlerkandidatur sondiert, sagte er lediglich: „Es wird viel berichtet.“