Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte hat eine Vertrauensabstimmung im italienischen Unterhaus gewonnen – über die Zukunft seiner Regierung entscheidet jedoch am Dienstag der Senat. In einer Rede vor der Abstimmung in der Abgeordnetenkammer in Rom warb Conte am Montag um Unterstützung: „Allen, denen das Schicksal Italiens am Herzen liegt, sage ich: Helft uns.“ Der italienische Senat, in dem Contes Koalition keine Mehrheit mehr hat, hält am Dienstag eine Vertrauensabstimmung ab.
„Dieses Land verdient eine geeinte Regierung, die sich voll und ganz für das Wohl ihrer Bürger einsetzt“, sagte der Ministerpräsident. Er verteidigte seine Regierungsbilanz und kritisierte Ex-Regierungschef Matteo Renzi, der mit dem Ausscheiden seiner Partei Italia Viva (IV) aus der Regierungskoalition in der vergangenen Woche eine politische Krise ausgelöst hatte. Italien brauche ein Regierung mit einer „europäischen Mission“ und einer klaren Haltung gegen „nationalistische Tendenzen“, sagte Conte.
Der Regierungschef entschied die Abstimmung am Abend wie erwartet für sich. Die Regierungsparteien stellen die Mehrheit in der Abgeordnetenkammer. Mitglieder der Opposition riefen während Contes Rede „Geh nach Hause“. Der Parteichef der rechtsextremen Lega, Matteo Salvini, schrieb im Online-Dienst Twitter: „Je früher diese Regierung geht, desto besser für das Land.“
Renzis IV hatte die Koalition wegen eines Streits um Corona-Hilfen verlassen. Ohne die 18 IV-Abgeordneten fehlt dem Bündnis aus der sozialdemokratischen PD und der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) die Mehrheit unter den 321 Senatoren.
Conte passte seine Corona-Hilfsmaßnahmen nach Renzis Kritik an. Dieser teilte jedoch am Montag mit, das Wiederaufbau-Programm „funktioniert immer noch nicht“. Es brauche einen „vereinenden Traum für das Land, nicht eine Jagd nach einer einzelnen Stimme im Parlament“, erklärte Renzi.
Die IV will sich laut Renzi bei der Vertrauensabstimmung am Dienstag im Senat enthalten. Conte könnte so die nötigen Stimmen bekommen, um im Amt zu bleiben, ohne jedoch über eine stabile Mehrheit für seine Regierung zu verfügen.
Giovanni Orsina von der Luiss School of Government in Rom geht davon aus, dass „Contes Regierung die Abstimmung mehr oder weniger unverändert überlebt, allerdings mit einer kleineren Mehrheit und somit einer ausgeprägteren Schwäche im Parlament“.
Käme es zu vorgezogenen Neuwahlen, sagen jüngste Umfragen eine Mehrheit für ein Bündnis unter Beteiligung der rechtsgerichteten Forza Italia von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi und der rechtsradikalen Parteien Lega und Fratelli d’Italia voraus. „Eine Regierung mit einer knappen oder nicht vorhandenen Mehrheit ist nicht das, was Italien braucht, um die Herausforderungen der kommenden Monate zu bewältigen“, erklärten diese in einer gemeinsamen Mitteilung.