Der Fall Julian Assange: Gericht entscheidet am Montag über Auslieferung von Wikileaks-Gründer an die USA

Julian Assange - Bild: acidpolly/CC BY-NC-SA 2.0
Julian Assange - Bild: acidpolly/CC BY-NC-SA 2.0

Nach jahrelangem Rechtsstreit entscheidet sich am Montag das weitere Schicksal von Wikileaks-Gründer Julian Assange. Das zuständige Londoner Gericht will verkünden, ob der Australier von Großbritannien an die USA ausgeliefert wird. Die USA wollen den 49-Jährigen wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente und Verstößen gegen das Anti-Spionage-Gesetz vor Gericht stellen. Eine Chronologie des Falls Julian Assange:

2010

Von Juli bis Oktober veröffentlicht die Enthüllungsplattform Wikileaks rund 470.000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250.000 Dokumente kommen später hinzu.

Im November bewirkt die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Ihm werden Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen zwei Frauen vorgeworfen. 

Assange weist die Anschuldigung zurück und stellt sich kurz darauf der Polizei in London. Bis zur Entscheidung über einen Auslieferungsantrag Schwedens kommt er gegen Kaution auf freien Fuß.

2011

Im Februar gibt ein britisches Gericht dem schwedischen Auslieferungsantrag statt. Assange äußert sich besorgt: Er fürchtet, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte, wo ihm wegen der geleakten Dokumente ein Prozess und womöglich sogar die Todesstrafe drohten.

2012

Julian Assange flieht im Juni in die Botschaft Ecuadors in London und beantragt erfolgreich politisches Asyl. Ecuador bittet die britische Regierung vergeblich um die Erlaubnis, Assange nach Quito auszufliegen. Assange bleibt in der Botschaft – und das für mehrere Jahre.

2016

Schwedische Ermittler scheitern mit ihrem Anliegen, Assange in der Londoner Botschaft zu vernehmen.

Vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht Wikileaks rund 20.000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Außenministerin Hillary Clinton, die die Wahl letztlich gegen Donald Trump verliert.

2017

Die Staatsanwaltschaft in Schweden stellt die Ermittlungen gegen Assange ein. Die britische Polizei will ihn allerdings weiterhin festnehmen, weil er mit der Flucht in die Botschaft seine Kautionsauflagen verletzt habe.

2018

Ecuador erklärt, es sei auf der Suche nach einem Vermittler, um Assanges „unhaltbare“ Situation zu beenden. Im März kappt das Botschaftspersonal dann Assanges Kommunikationszugänge, weil er sich in die Angelegenheiten anderer Länder eingemischt habe. Ein Wikileaks-Anwalt beschreibt Assanges Lebensumstände als „unmenschlich“. 

Unterdessen taucht in den USA ein Dokument auf, wonach gegen Assange offenbar heimlich Anklage erhoben wurde.

2019

Ecuadors Präsident Lenín Moreno erklärt, Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl „wiederholt verletzt“. Im April nimmt die britische Polizei Assange fest, nachdem ihm das Asyl entzogen wurde.

Im Mai wird der Australier zu 50 Wochen Haft wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen verurteilt.

Ende Mai verschärft die US-Justiz ihre Anklage gegen Assange. Dem Wikileaks-Gründer werden nun auch Verstöße gegen Anti-Spionage-Gesetze vorgeworfen. Dadurch drohen Assange jahrzehntelange zusätzliche Gefängnisstrafen.

Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, besucht Assange in der Haft und erklärt im Anschluss, der Wikileaks-Gründer zeige Symptome „psychischer Folter“. Als Assange im Oktober erstmals seit seiner Verhaftung öffentlich vor einem Londoner Gericht auftritt, wirkt er gebrechlich und verwirrt.

2020

Anfang Februar fordern mehr als 130 Politiker, Künstler und Medienschaffende die Freilassung von Assange. Das Schreiben geht auf eine Initiative des Journalisten Günter Wallraff zurück und wird auch vom ehemaligen Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) unterstützt. 

Ende Februar beginnt in London die Hauptanhörung im Auslieferungsverfahren gegen Assange. Ein Vertreter der US-Justiz wirft ihm vor, mit der Veröffentlichung von Geheimdokumenten Informanten gefährdet zu haben.

Im März beantragen Assanges Anwälte wegen der Corona-Pandemie eine Freilassung auf Kaution. Das Gericht weist dies ab.

Im April wird bekannt, dass der Wikileaks-Gründer während seines Asyls in der Botschaft von Ecuador zwei Mal heimlich Vater wurde. Das enthüllt die Mutter der zum damaligen Zeitpunkt zwei und vier Jahre alten Jungen, Stella Morris, in einem Interview. Morris ist Mitglied von Assanges Anwaltsteam und nach eigenen Angaben seit 2017 mit ihm verlobt.

Im Juni verschärft das US-Justizministerium die Anklage gegen Assange erneut. Ihm wird nun auch vorgeworfen, Hacker rekrutiert und den Plan gefasst zu haben, in Computer einzudringen, unter anderem in das Regierungs-Computersystem eines Nato-Landes. 

Anfang September wird das wegen der Corona-Pandemie unterbrochene Auslieferungsverfahren fortgesetzt. Der 49-jährige Assange bekräftigt bei seiner ersten Anhörung seit Februar, in eine Auslieferung an die USA nicht einzuwilligen. 

Der Psychiater Michael Kopelman bescheinigt Assange vor Gericht eine Suizidgefährdung. Der Australier sei hochgradig depressiv und habe Halluzinationen, erklärt Kopelman. Im Falle einer Auslieferung an die USA könnte er sich demnach das Leben nehmen.

Das zuständige Londoner Gericht gibt im Oktober bekannt, am 4. Januar über Assanges Auslieferung entscheiden zu wollen. Bis dahin muss der Australier im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh bleiben. 

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