Der junge General übt das Kommando – Ziemiak festigt Einfluss in der CDU – und bleibt auch unter Laschet im Amt

Paul Ziemiak - Bild: CDU / Steffen Böttcher
Paul Ziemiak - Bild: CDU / Steffen Böttcher

Viel ist derzeit in Bewegung in der CDU, das Machtgefüge wird neu austariert. Ein Gewinner stand bereits fest, noch ehe Armin Laschet am Samstag zum neuen CDU-Vorsitzenden gewählt wurde: Paul Ziemiak, 35 Jahre jung, Generalsekretär. Ausgerechnet Ziemiak, der vor zwei Jahren eher ins Amt gestolpert ist und bis vor nicht allzu langer Zeit noch als General auf Abruf galt. 

Ziemiak hat das Machtvakuum genutzt, das nach der Rücktrittsankündigung von Annegret Kramp-Karrenbauer vor fast einem Jahr entstanden war, und seine Position in der Partei gefestigt – als Organisator des Digitalparteitags, als Mittler zwischen den Parteiflügeln, als Planer des Bundestagswahlkampfs. Inzwischen gilt er als großes Nachwuchstalent der CDU.

Es hatte eine ganze Weile gedauert, bis Ziemiak als Generalsekretär Tritt gefasst hat. Das gibt er selbst zu. „Das erste Jahr war sehr schwierig“, sagte Ziemiak der Nachrichtenagentur AFP. „Das zweite Jahr lief dann deutlich besser, und heute bin ich in meinem Amt angekommen.“ 

Ihm gehe es „um die Abgrenzung der CDU zu den politischen Rändern und um einen klaren Kurs als starke Volkspartei der Mitte“, sagte Ziemiak. „Dazu gehört auch die unmissverständliche Abgrenzung zur Anti-Deutschland-Partei AfD in meiner bisherigen Amtszeit.“

Der neue CDU-Chef Laschet bescheinigte Ziemiak am Wochenende eine „grandiose“ Leistung bei der Organisation des ersten Digitalparteitags der CDU. Ziemiak werde die CDU „gut in den Bundestagswahlkampf führen“, sagte Laschet. Ziemiak bleibt auch unter dem neuen Vorsitzenden im Amt.

In seiner kurzen und steilen Karriere hat der Studienabbrecher eine erstaunliche Fähigkeit zur politischen Anpassung demonstriert – freilich um den Preis, dass sein einstmals klar konservatives Image kaum mehr zu erkennen ist. Ziemiak steht nun für eine CDU der Mitte.

Es gab eine Zeit, als ihm seine Wendigkeit in der Partei verübelt wurde: Ziemiak stieß 2018 viele Anhänger vor den Kopf, als er das Angebot der neuen Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer annahm, Generalsekretär zu werden.

Schließlich war Ziemiak damals als Chef der konservativen Nachwuchsorganisation JU fest im Lager von AKKs Gegner Friedrich Merz verortet. Die Strafe: Bei der Wahl zum Generalsekretär erhielt Ziemiak auf dem Parteitag 2018 nicht einmal 63 Prozent der Stimmen.

Den Kapuzenpulli, den er als JU-Chef gerne trug, hat Ziemiak längst abgelegt – und ebenso die Attitüde des jungen Wilden, der sich nach einem konservativeren Profil der CDU sehnte, weil ihm der Mitte-Kurs von Angela Merkel zu beliebig geworden war. 

Heute postet Ziemiak gerne Fotos von sich und der Kanzlerin auf Instagram. Da schwingt sicher auch ein Stück Stolz mit: Ziemiak, der erst im Alter von drei Jahren mit seinen Eltern als Aussiedler aus Polen nach Deutschland kam, hat es weit gebracht.

Aus dem selbst erklärten Traditionalisten ist dabei ein Modernisierer geworden. In der Partei setzt er sich gegen erheblichen Widerstand für eine Frauenquote ein. Und sein besonderes Anliegen ist die Digitalisierung. Er wolle „die Partei noch kampagnenfähiger, digitaler und moderner für die Bundestagswahl vorbereiten“, sagte er zu AFP.

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