Einleitung von Amtsenthebungsverfahren gegen Trump steht unmittelbar bevor

US-Capitol/Kongress, USA - Bild: photovs via Twenty20
US-Capitol/Kongress, USA - Bild: photovs via Twenty20

Nach der gewaltsamen Erstürmung des US-Kapitols wird das Repräsentantenhaus am Mittwoch aller Voraussicht nach ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump einleiten. Die Abstimmung in der Kongresskammer wurde für etwa 15.00 Uhr (Ortszeit; 21.00 Uhr MEZ) angesetzt. Vizepräsident Mike Pence hatte zuvor der Forderung nach einer vorzeitigen Absetzung Trumps am Dienstag eine Absage erteilt. In Washington wurden derweil die Sicherheitsvorkehrungen vor der Amtseinführung von Joe Biden als neuer US-Präsident massiv verschärft.

Pence begründete seine Weigerung zur sofortigen Absetzung von Trump in einem Brief an die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, damit, dass ein solches Vorgehen seiner Auffassung nach „nicht im besten Interesse unserer Nation ist“. Die Demokraten hatten gefordert, dass sich Pence auf den 25. Verfassungszusatz beruft. Dieser Artikel ermöglicht die Absetzung des Staatsoberhaupts durch den Vizepräsidenten und die Mehrheit des Kabinetts, wenn diese ihn für amtsunfähig halten.

Die Demokraten werfen dem abgewählten Präsidenten „Anstiftung zum Aufruhr“ vor. Trump hatte vergangene Woche eine aufwiegelnde Rede in Washington gehalten, in der er seinen völlig unbelegten Vorwurf des Wahlbetrugs bei der Präsidentschaftswahl vom November wiederholte und zum Marsch auf das Kapitol aufrief. In der Folge drangen gewalttätige Trump-Anhänger in das Kapitol ein, als dort eine Kongresssitzung zur Bestätigung von Bidens Wahlsieg stattfand. Fünf Menschen kamen bei den Unruhen ums Leben.

Die höchsten Generäle der US-Armee verurteilten den Sturm auf das Kapitol am Dienstag und betonten, die Mitglieder der US-Streitkräfte seien zur Verfassungstreue verpflichtet. „Die Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit geben niemandem das Recht auf Gewalt, Aufruhr und Aufstand“, erklärten die acht Mitglieder des Generalstabs der Streitkräfte in einem Memorandum an die US-Soldaten.

Nach dem Sturm auf das Kapitol waren Befürchtungen aufgekommen, dass die Trump-Anhänger Unterstützer in der Armee und den Sicherheitsbehörden haben könnten. Angesichts der Angst vor neuen Gewaltausbrüchen rund um Bidens Vereidigung am 20. Januar entsendet das Pentagon 15.000 Nationalgardisten nach Washington. Tausende von ihnen sind bereits im Einsatz, in der Nähe des Kapitols wurden mehrere Nationalgardisten mit Maschinengewehr postiert. Ursprünglich sollten die Nationalgardisten unbewaffnet sein.

Trump rief in einer Rede im texanischen Alamo am Dienstag zu „Frieden und Ruhe“ auf. Vor seiner Abreise hatte er jedoch die Verantwortung für die Gewalt im Kapitol zurückgewiesen. Seine Rede sei „absolut angemessen“ gewesen. Er warnte zudem, das geplante Impeachment verursache „riesige Wut“ bei seinen Anhängern, und er sprach von „der größten Hexenjagd in der Geschichte der Politik“.

Die Zustimmung der demokratischen Abgeordneten zur Einleitung des Amtsenthebungsverfahrens am Mittwoch gilt als sicher. Auch in Trumps eigener Partei bröckelt der Rückhalt für ihn. Die Nummer drei der Republikaner im Repräsentantenhaus, Liz Cheney, kündigte am Dienstag an, für das Impeachment zu stimmen. Vier weitere Republikaner schlossen sich ihr an. 

Selbst der einflussreiche Anführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, soll laut der „New York Times“ im privaten Kreis gesagt haben, Trumps Verhalten rechtfertige ein Amtsenthebungsverfahren.

Dass Trump tatsächlich vorzeitig abgesetzt wird, ist dennoch unwahrscheinlich. Wird das Verfahren durch das Repräsentantenhaus eingeleitet, wäre immer noch eine nur schwer zu erreichende Zweidrittelmehrheit im Senat notwendig. Es gilt angesichts der Kürze der Zeit als nahezu ausgeschlossen, dass Trump bis zu Bidens Vereidigung abgesetzt wird, zumal der Senat sich bis zum 19. Januar in einer Sitzungspause befindet.

Außerdem sind auch nicht alle Demokraten von dem Vorgehen überzeugt: Sie fürchten, das Impeachment könnte Bidens erste Tage im Amt überschatten, der sich ohnehin durch die Corona-Pandemie und die gesellschaftliche Spaltung des Landes mit großen Herausforderungen konfrontiert sieht.

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