Eine Firma des Internet-Milliardärs Oliver Samwer hat dem früheren Wirecard-Chef Markus Braun nach Informationen des „Spiegel“ noch kurz vor dem Zusammenbruch des Konzerns eine Kreditlinie über 75 Millionen Euro eingeräumt. Braun und Samwer hätten sich am 19. Mai 2020 auf ein Darlehen zum vergleichsweise hohen Zinssatz von zehn Prozent verständigt, berichtete der „Spiegel“ am Freitag vorab unter Berufung auf E-Mails und Dokumente.
Ausgereicht worden sei das Darlehen von dem zu Rocket Internet gehörenden Global Growth Capital Opportunities Fund (GGC) an die MB Beteiligungsgesellschaft (MBB), über die Braun demnach sein Privatvermögen managt. Insgesamt hatte der ehemalige Wirecard-Chef demnach in den Monaten vor der Insolvenz mehr als 250 Millionen Euro an Krediten bei der Oldenburgischen Landesbank (120 Millionen Euro), der LGT Bank (30 Millionen Euro), der Genfer Privatbank Mirabaud (26,75 Millionen Euro) und Samwers GGC aufgenommen.
Wirecard hatte Ende Juni Insolvenz angemeldet. Der Zahlungsdienstleister soll jahrelang seine Bilanzen gefälscht haben. Insgesamt 1,9 Milliarden Euro, die auf Treuhandkonten in Asien liegen sollten, sind nicht auffindbar. Die Staatsanwälte verdächtigen Braun, einer der Hauptverantwortlichen für „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“ zu sein, bei dem die Wirecard-Chefetage über Jahre Scheingeschäfte in Milliardenhöhe verbucht haben soll, um das Unternehmen über Wasser zu halten und Kredite zu erschwindeln.
Samwer versuchte laut „Spiegel“ schon drei Tage nach der Darlehensvereinbarung im Mai in einem Telefonat, diesen Vertrag wieder aufzulösen. Dagegen habe sich Braun gewehrt. Am 18. Juni räumte Wirecard ein, dass Belege über die Existenz von 1,9 Milliarden Euro fehlten – weniger als eine Stunde später verlangte Samwer dem Bericht zufolge für den Fonds GGC 25 Millionen Euro zurück; zudem 27.600 Aktien als zusätzliche Sicherheit. Einen Tag später habe die MBB auch die restlichen Verbindlichkeiten gegenüber der Samwer-Firma getilgt.