Harris wirft Trump nach Veröffentlichung von Gesprächsmitschnitt „unverfrorenen Machtmissbrauch“ vor

Kamala Harris - Bild: Gage Skidmore
Kamala Harris - Bild: Gage Skidmore

Ein von US-Medien verbreiteter Gesprächsmitschnitt, wonach der scheidende Präsident Donald Trump den Wahlleiter im Bundesstaat Georgia zur nachträglichen Veränderung des dortigen Präsidentschaftswahlergebnisses aufgefordert hat, heizt das politische Klima vor dem Machtwechsel in Washington weiter an. Die künftige Vizepräsidentin Kamala Harris warf Trump am Sonntag wegen des Telefonats „unverfrorenen und dreisten Machtmissbrauch“ vor. 

Aus dem abgewählten Präsidenten spreche bei dem Telefonat „die Stimme der Verzweiflung“, sagte die designierte Stellvertreterin des gewählten Präsidenten Joe Biden bei einem Auftritt in Georgia. Laut dem von der „Washington Post“ und anderen US-Medien veröffentlichten Mitschnitt bedrängte der Präsident den Wahlleiter Brad Raffensperger, er solle genug Stimmen „finden“, um das dortige Wahlergebnis zu Trumps Gunsten zu kippen.

„Die Menschen in Georgia sind wütend, die Menschen im Land sind wütend“, sagte Trump demnach. Es sei nichts falsch daran, wenn Raffensperger einräume, dass bei Nachberechnungen ein neues Ergebnis herausgekommen sei. Der abgewählte Präsident stieß in dem Gespräch auch vage Drohungen aus: Wenn Raffensperger seiner Forderung nicht nachkomme, gehe er ein „großes Risiko“ ein.

Raffensperger – der Trumps Republikanischer Partei angehört – zeigte sich allerdings unbeeindruckt von den Drohungen. „Wir denken, dass unsere Zahlen richtig sind“, sagte er. Biden hatte in Georgia mit einem knappen Vorsprung von weniger 12.000 Stimmen gewonnen. Das Ergebnis wurde später per Neuauszählungen und Überprüfungen bestätigt. Der Sieg in Georgia war einer der zentralen Bausteine für Bidens Triumph bei der Wahl vom 3. November.

Trump prangert seither vermeintlichen massiven Wahlbetrug an, ohne dafür irgendwelche Belege zu präsentieren. Der Präsident und seine Verbündeten haben in den Rechtsstreitigkeiten um die Wahl dutzende Niederlagen vor Gerichten erlitten. Dennoch zieht ein erheblicher Teil seiner Partei Bidens Sieg in Zweifel. So kündigte eine Gruppe von zwölf republikanischen US-Senatoren ihren Widerstand gegen die Bestätigung von Bidens Sieg durch den US-Kongress an. 

Bei der Kongresssitzung am Mittwoch wollen diese Senatoren die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fordern, der eine zehntägige Prüfung des Wahlergebnisses vornehmen soll. Die Vorwürfe zu „Betrug“ und „Unregelmäßigkeiten“ bei der Wahl 2020 gingen über alles hinaus, „was wir bislang erlebt haben“, erklärte die Gruppe. 

Bei der gemeinsamen Sitzung des Repräsentantenhauses und des Senats soll das Wahlergebnis bestätigt werden. Dabei handelt es sich normalerweise um eine bloße Formalität. Die Initiative republikanischer Senatoren kann die endgültige Bestätigung von Bidens Sieg zeitlich verzögern, Aussichten auf Erfolg hat sie allerdings nicht. Dafür würden Mehrheiten in beiden Kongresskammern gebraucht – im Repräsentantenhaus dominieren aber Bidens Demokraten.

Noch vor der Kongresssitzung zur Zertifizierung des Präsidentschaftswahlergebnisses finden in Georgia Nachwahlen zum Senat statt, die für die künftige Machtverteilung in Washington von zentraler Bedeutung sind. In dem Bundesstaat werden am Dienstag zwei Senatssitze vergeben. Bislang verfügen die Demokraten im neuen Senat über 48 Mandate, die Republikaner über 50. 

Holen die Demokraten in Georgia beide Sitze, gewännen sie de facto in der Kammer und damit im gesamten Kongress die Oberhand. Denn bei einem Abstimmungspatt im Senat fiele der künftigen Vizepräsidentin Harris in der mit dem Amt verbundenen Rolle als Senatspräsidentin die entscheidende Stimme zu. Gewinnen die Republikaner hingegen nur eines der beiden Mandate in Georgia, behalten sie ihre Mehrheit im Senat und können politische Vorhaben Bidens blockieren. 

Biden soll am 20. Januar als 46. US-Präsident vereidigt werden. Der neue Kongress trat bereits am Sonntag in Washington zusammen. Dabei wählte das Repräsentantenhaus erneut die Demokratin Nancy Pelosi zu seiner Vorsitzenden.  

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