Indiens Mega-Impfkampagne gegen das Coronavirus ist nach Angaben der Behörden vielversprechend gestartet. Mehr als 190.000 Menschen hätten ihre erste Spritze erhalten, sagte Gesundheitsminister Harsh Vardhan am Samstagabend. Dass es nicht, wie ursprünglich geplant, 300.000 waren, erklärte er mit einem Fehler in der Corona-App. Dadurch seien nicht alle potenziellen Teilnehmer rechtzeitig erreicht worden. Vardhan bezeichnete die Impfungen als „Lebensretter“.
In dem 1,3 Milliarden Einwohner zählenden südasiatischen Schwellenland läuft seit Samstagmorgen eine ehrgeizige Impfkampagne: In einem ersten Schritt sollen 30 Millionen Mitarbeiter im Gesundheitswesen und aus anderen Risikobereichen geimpft werden. Danach folgen bis Juli rund 270 Millionen Menschen, die über 50 Jahre alt sind, sowie Risikopatienten.
Laut Gesundheitsminister Vardhan musste niemand der bislang Geimpften wegen Nebenwirkungen im Krankenhaus behandelt werden. Indische Medien berichteten hingegen von dem Fall eines Krankenhaus-Wachmanns in Neu Delhi, der nach der Spritze einen allergischen Schock erlitten habe.
Zugelassen sind in Indien bisher zwei Impfstoffe: Covishield vom britisch-schwedischen Pharmakonzern AstraZeneca, das vom Serum Institute in Indien hergestellt wird, und Covaxin vom indischen Konzern Bharat Biotech. Um das einheimische Vakzin gibt es allerdings heftigen Streit, weil dieses schon vor Ende der klinischen Tests eine Notfallzulassung erhielt.
In einem Schreiben an ihre Krankenhausleitung forderte die Ärztevertretung des Hauptstadt-Hospitals Ram Manohar Lohia, mit dem Impfstoff von AstraZeneca immunisiert zu werden. Das Personal sei eher bereit, sich mit Covishield impfen zu lassen, da das Vakzin alle klinischen Studien durchlaufen habe und die Ergebnisse umfassend dokumentiert seien.
Die Impfskepsis vieler Menschen erfüllt die indischen Behörden mit Sorge: Laut einer Umfrage wollen sich 69 Prozent nicht sofort impfen lassen. Als vertrauensbildende Maßnahme fordern führende Wissenschaftler und Ärzte deshalb die rasche Veröffentlichung der Daten zur Wirksamkeit des einheimischen Vakzins.
Angesichts maroder Infrastruktur und der weit verbreiteten Skepsis in der Bevölkerung ist die Impfkampagne eine gewaltige Herausforderung. Rund 150.000 Helfer wurden speziell geschult und es gab landesweit Probeläufe, bei denen der Transport von Impfstoffen und die Impfung mit Attrappen und Statisten geübt wurde. Bereits zu Beginn der Kampagne standen 3000 Impfzentren bereit.
In Indien starben schon mehr als 152.000 Menschen an Covid-19, über 10,5 Millionen steckten sich bisher mit dem Coronavirus an. Auch die Wirtschaft leidet schwer unter der Pandemie: Millionen Menschen, darunter zahlreiche arme Wanderarbeiter, haben ihren Lebensunterhalt verloren.