In Italien hat der Vorschlag einer Regionalpolitikerin am Dienstag für Empörung gesorgt, wirtschaftsstarke Regionen bei den Corona-Impfungen zu bevorzugen. Die Regierung sollte bei der Impfstoffverteilung vier Kriterien berücksichtigen, forderte die Gesundheitsbeauftragte und Vize-Regionalpräsidentin der von der Rechten regierten Region Lombardei, Letizia Moratti. Neben der Bevölkerungsdichte und den Auswirkungen der Pandemie sollten demnach auch die Mobilität sowie die Wirtschaftskraft einer Region eine Rolle spielen. Die Regierung wies den Vorstoß umgehend zurück.
Es gehe nicht darum, den reichsten Regionen mehr Impfstoffdosen zu geben, argumentierte Moratti in einem Brief an den Leiter des italienischen Impfprogramms, der in Auszügen in italienischen Medien veröffentlicht wurde. Doch „indem man die Erholung der Lombardei unterstützt, trägt man automatisch zur Erholung des ganzen Landes bei“.
Die Lombardei ist ein wichtiges Industrie- und Finanzzentrum Italiens. Sie würde alle vier von Moratti vorgeschlagenen Kriterien erfüllen: Sie hat die höchste Bevölkerungsdichte Italiens, zudem ist die Mobilität in der Region wegen zahlreicher Unternehmenssitze und Fabriken hoch. Darüber hinaus ist sie die am stärksten von der Pandemie betroffene Region Italiens und zugleich die reichste: Sie erwirtschaftet rund ein Viertel des italienischen Bruttoinlandsprodukts.
Der italienische Gesundheitsminister Roberto Speranza erteilte der Forderung eine Absage. „Jeder hat das Recht auf einen Impfstoff, unabhängig vom Reichtum des Gebietes, in dem er lebt“, erklärte er. „In Italien ist die Gesundheit ein grundlegendes öffentliches Gut, das von der Verfassung garantiert wird. Nicht ein Privileg für diejenigen, die mehr haben.“