Mehr als 2000 Festnahmen bei Protesten von Nawalny-Anhängern gegen Putin

Kreml, Russland - Bild: mkalinichenkophoto via Twenty20
Kreml, Russland - Bild: mkalinichenkophoto via Twenty20

Bei landesweiten Protesten von zehntausenden Anhängern des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin sind am Samstag mehr als 2000 Kundgebungsteilnehmer festgenommen worden. Demonstranten wurden von der Bereitschaftspolizei abgeführt und mit Schlagstöcken traktiert. Auch Nawalnys Frau Julia Nawalnaja wurde vorübergehend festgenommen, sie kam am Nachmittag wieder frei. 

Die größten Kundgebungen fanden nach Schätzungen von AFP-Journalisten in Moskau mit rund 20.000 Teilnehmern und in St. Petersburg mit mehr als 10.000 Menschen statt. Nawalnys Team verbreitete den ganzen Tag über Videos von Kundgebungen, die in den verschiedensten Landesteilen stattfanden. Kundgebungsteilnehmer riefen „Putin – Dieb!“, „Nawalny – wir sind bei dir!“ und „Freiheit für die politischen Gefangenen!“ Es waren die größten Kundgebungen seit dem Sommer 2019, als Nawalny aus Anlasss von Kommunalwahlen eine Protestwelle auslöste.

In Moskau nahmen die Sicherheitskräfte fast 800 Menschen fest, im gesamten Land waren es nach Angaben der Nichtregierungsorganisation OWD Info mindestens 2131. Auch die bekannte Aktivistin Ljubow Sobol wurde festgenommen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) kritisierte, viele „friedliche“ und junge Demonstranten seien willkürlich geschlagen und festgenommen worden.

In Moskau zog ein Teil der Demonstranten am Nachmittag zum Kreml. Die russische Regierung warf US-Diplomaten vor, sich in die Massenproteste aktiv eingeschaltet zu haben. Die US-Botschaft in Moskau habe Marschrouten veröffentlicht, die von den Anhängern Nawalnys genutzt werden konnten, schrieb die Außenamtssprecherin Maria Sacharowa auf Facebook. „Das werden die US-Kollegen erklären müssen.“ Sie hätten auch Informationen über einen „Marsch auf den Kreml“ verbreitet.

Nawalny hatte zu den Protesten gegen Putin aufgerufen, nachdem er am Sonntag vergangener Woche unmittelbar nach seiner Rückkehr von Deutschland nach Russland festgenommen worden war. In Berlin war der 44-Jährige nach einem Giftanschlag im August behandelt worden. Am Montag verhängte ein russisches Gericht in einem Eilverfahren 30 Tage Haft gegen ihn wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen. Nawalny macht für den Mordanschlag den Kreml verantwortlich. 

Der 44-Jährige sitzt nun im berüchtigten Hochsicherheitsgefängnis Matrosskaja Tischina, in dem bereits mehrere Oppositionelle zu Tode kamen. Nawalnys enger Verbündeter Leonid Wolkow sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, es sei in Russland schon vorgekommen, dass Oppositionelle zwei Mal hintereinander vergiftet worden seien. Die russische Zivilbevölkerung rief er deshalb zum Protest auf. „Der einzige Schutz“ für Nawalny seien „maximale Sichtbarkeit und Unterstützung in der Bevölkerung“.

Landesweit folgten am Sonntag zahlreiche Menschen Nawalnys Aufruf zum Protest. Die ersten Kundgebungen fanden im Fernen Osten Russlands und in Sibirien statt, wo nach OWD-Angaben etwa 200 Menschen festgenommen wurden. Im nordrussischen Jakustk trotzten Demonstranten extrem winterlichen Temperaturen von minus 50 Grad und gingen für Nawalnys Freilassung auf die Straße. Kundgebungen von Nawalny-Unterstützern gab es auch in Estland und Litauen.

Nawalny und seine Anhänger werfen dem Kreml unter anderem Korruption vor. Diese Woche hatte Nawalnys Team eine Recherche über einen Luxus-Palast veröffentlicht, der angeblich Putin gehören und durch Bestechungsgelder finanziert worden sein soll. Das Video wurde seit Dienstag fast 68 Millionen Mal angesehen. Der Kreml hat die in dem Video erhobenen Vorwürfe bestritten.

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