Vor dem Corona-Impfgipfel am Montag haben mehrere Ministerpräsidenten der Länder einen klaren Fahrplan für die Impfungen in den kommenden Wochen gefordert. „Meine dringende Erwartung an den Gipfel ist, dass wir einen nationalen Impfplan bekommen, auf dessen Grundlage wir Bundesländer Impftermine vergeben und auch einhalten können“, sagte der amtierende Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und weitere Regierungsmitglieder wollen am Montagnachmittag mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder über den Stand bei der Impfstoff-Lieferung und das weitere Vorgehen beraten. An dem Treffen nehmen auch Vertreter der Hersteller und der EU-Kommission teil. Der Gipfel ist eine Reaktion auf den schleppenden Impfstart und die Diskussion um die Menge der zur Verfügung stehenden Vakzine.
„Wir brauchen am Montag verlässliche Aussagen darüber, wann welcher Hersteller welche Mengen für welche Bevölkerungsgruppen liefern kann“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Müller. Ein Zeitplan müsse „mindestens bis Ostern“ reichen. Laut übereinstimmenden Berichten der „Bild“-Zeitung des Magazins „Spiegel“ forderte Müller auch in einem persönlichen Brief an Kanzlerin Merkel einen „nationalen Impfplan“.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte „klare Transparenz“ beim Impfstoff. „Die Menschen sind völlig verunsichert“, sagte der CSU-Chef der „Augsburger Allgemeinen“. Es bedürfe endlich eines „verlässlichen Lieferplans“ für die nächsten Wochen und Monate, „ein Stop and Go beim Impfen geht auf Dauer nicht“.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kritisierte ebenfalls mangelnde Klarheit über die Liefermengen der Impfstoffe. „Wir haben auch mit der neuen Zusage nicht mal Lieferklarheit für die nächsten vier Wochen“, sagte Dreyer der „Bild am Sonntag“. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Samstag angekündigt, dass er im Februar mit fünf Millionen Impfdosen der drei Hersteller von zugelassenen Impfstoffen rechnet.
Dreyer verlangte auch weitere Erklärungen dafür, warum der Impfstoff von Astrazeneca in Deutschland nur für unter 65-Jährige empfohlen wird. „Der Gesundheitsminister muss auf dem Impfstoffgipfel erklären, warum wir in Deutschland von der europaweiten Zulassung abweichen“, sagte die SPD-Politikerin.
Die EU-Kommission hatte am Freitag die Zulassung für das Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca erteilt, nachdem die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) zuvor die bedingte Marktzulassung für alle ab 18 Jahren empfohlen hatte. Die deutsche Impfkomission sprach sich allerdings dafür aus, das Mittel nur an Menschen bis 64 Jahre zu verabreichen. Insgesamt sind in der EU derzeit drei Impfstoffe zugelassen.
Spahn will nach der Zulassung des Corona-Impfstoffs von Astrazeneca die Impfverordnung überarbeiten. „Die Grundreihenfolge bleibt, aber wir gehen sie zusätzlich altersgestaffelt an“, sagte Spahn am Samstag bei einer Diskussionsveranstaltung mit Experten und Pflegekräften in Berlin.
Der Gesundheitsminister verwies mit Blick auf die Empfehlung des Astrazeneca-Impfstoff für unter 65-Jährige darauf, dass es auch in der ersten Impfgruppe Menschen aus dieser Altersspanne gebe, etwa beim medizinischen Personal oder den Beschäftigten in der Pflege. Wenn diese geimpft seien, gebe es die 18- bis 64-Jährigen der nächsten Gruppe.
Zu den Lieferungen der Impfstoffe sagte er, bis zum 22. Februar hätten die Firmen die Lieferung von insgesamt fünf Millionen Dosen mit Lieferdaten angekündigt. Bislang seien 3,5 Millionen Dosen ausgeliefert worden, mehr als zwei Millionen davon seien bereits verimpft worden. Er rechne noch bis zu drei Monate mit der Notwendigkeit einer starken Priorisierung bei den Impfungen, fügte Spahn hinzu. „Wir werden irgendwann darüber reden, wie wir die Menschen zum Impfen bringen.“