Schnellere Corona-Verbreitung dank veränderten Spike-Proteins

Corona - Bild: 9_fingers_ via Twenty20
Corona - Bild: 9_fingers_ via Twenty20

Während der Beginn der Corona-Impfungen Hoffnung im Kampf gegen die die Pandemie macht, könnten gleichzeitig neue Virus-Mutationen den Kampf gegen das Coronavirus erschweren. Ein Überblick zum bisherigen Wissensstand:

Um welche Mutationen handelt es sich?

Wenn sie sich vermehren, mutieren alle Viren, um sich an ihre Umgebung anzupassen. Seit Sars-CoV-2 beim Menschen zirkuliert, haben Wissenschaftler bereits mehrere Mutationen des Virus festgestellt. Keine davon schien jedoch wesentlich ansteckender oder gefährlicher als die ursprüngliche Variante. Vermutlich Anfang September tauchte dann die Mutation B117 des neuartigen Coronavirus im Südosten Englands auf und wurde inzwischen auch in vielen anderen Ländern nachgewiesen. 

Eine weitere Mutation, als 501.V2 bezeichnet, wurde im Oktober erstmals in Südafrika entdeckt. Beide Varianten unterscheiden sich in vielfacher Weise vom ursprünglichen Virus, vor allem beim Spike-Protein – also dem Teil des Virus, der sich an menschliche Zellen anheftet und ihm bei der Ausbreitung hilft. Die Mutationen verschaffen dem Virus einen leichteren Zugang zu bestimmten Rezeptoren und machen es deshalb potenziell ansteckender. 

Sind die neuen Mutationen wirklich ansteckender? 

Mehrere neue, jedoch noch nicht begutachtete Studien kommen zu dem Schluss, dass die britische Variante von Sars-CoV-2 wahrscheinlich weitaus leichter übertragen wird als andere Virus-Stämme. Ein Expertenkomitee, das die britische Regierung bei der Seuchenbekämpfung berät, schätzt, dass die neue Mutation zwischen 50 und 70 Prozent ansteckender ist. Vor allem bei jungen Menschen gebe es deutlich mehr Übertragungen. Vorläufige Studien zur südafrikanischen Variante deuten darauf hin, dass auch diese Mutante leichter übertragen wird. 

Dennoch warnen Wissenschaftler vor voreiligen Schlüssen. Die rasche Verbreitung der britischen Variante sei auf mehrere Faktoren zurückzuführen, sagt Bruno Coignard, der Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten der französischen Gesundheitsbehörde. Nicht nur die Virus-Eigenschaften, sondern auch die Präventions- und Kontrollmaßnahmen vor Ort spielten dabei eine Rolle. 

Sind die Mutationen gefährlicher? 

Im Moment gibt es keine Hinweise darauf, dass die neuen Virus-Varianten gefährlicher sind. Doch allein eine ansteckendere Mutation könnte dazu führen, dass mehr Menschen schwer an Covid-19 erkranken und sterben. „Eine erhöhte Übertragbarkeit führt letztendlich zu einer weitaus höheren Inzidenz. Und selbst bei gleicher Sterblichkeit bedeutet das einen erheblichen Druck auf die Gesundheitssysteme“, sagt Coignard. 

Ein Virus, das 50 Prozent ansteckender ist, wäre ein „viel größeres Problem“ als eines, das 50 Prozent tödlicher ist, sagt der britische Epidemiologe Adam Kucharski. Er rechnet ein Beispiel vor, bei dem es bei einer 50 Prozent höheren Übertragungsrate im Monat 978 statt 129 Todesfälle geben würde. Bei einer um 50 Prozent tödlicheren Mutation stiege die Zahl der Toten hingegen lediglich auf 193. 

Schützt die Corona-Impfung auch gegen die Mutationen? 

Experten der US-Behörde für Seuchenkontrolle zeigen sich zuversichtlich, dass die Impfung auch gegen die Virus-Varianten schützt. Das europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) erklärt hingegen, noch könne nicht beurteilt werden, ob die neuen Mutationen die Wirksamkeit der Impfstoffe beeinträchtigen.

Die Spike-Protein-Mutation der südafrikanischen Variante helfe dem Virus, den Immunschutz durch eine Infektion oder Impfung zu umgehen, sagte am Montag der Londoner Epidemiologe François Balloux. Der deutsche Impfstoffentwickler Biontech hat angekündigt, bei Bedarf innerhalb von sechs Wochen einen neuen Impfstoff entwickeln zu können, der gegen die mutierten Varianten wirkt. 

Was hilft gegen die Mutationen? 

Die Ausbreitung der Virus-Mutationen müsse solange wie möglich verzögert werden, sagt der französische Epidemiologe Coignard. Eine völlige Ausrottung hält er für unmöglich. Noch nicht betroffenen Ländern empfiehlt die ECDC die gleichen Strategien wie zu Beginn der Pandemie: Reisebeschränkungen, Testung und Quarantäne bei der Einreise sowie die Nachverfolgung von Kontakten. Jedem Einzelnen rät Henry Walke von der US-Behörde für Seuchenkontrolle, die Präventionsmaßnahmen noch gewissenhafter zu beachten: „Masken tragen, mindestens einen Meter Abstand halten, Innenräume lüften und Hände waschen.“ 

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