Staatsanwaltschaft fordert Strafbefehl wegen schwerem Busunfall in Wiesbaden

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit
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Mehr als ein Jahr nach einem schweren Busunfall in Wiesbaden mit einem Toten und 23 Verletzten hat die Staatsanwaltschaft der hessischen Landeshauptstadt beim Amtsgericht Strafbefehl gegen einen ehemaligen Busfahrer gefordert. Die Behörde wirft dem 66-Jährigen laut Mitteilung vom Freitag fahrlässige Tötung sowie fahrlässige Körperverletzung vor und beantragte eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten. Darüber hinaus forderte sie, dem 66-Jährigen die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Bei dem Unfall am Wiesbadener Hauptbahnhof im November 2019 war ein 85-Jähriger ums Leben gekommen. 23 weitere Menschen wurden verletzt. Der Bus rammte zunächst mehrere Fahrzeuge, überfuhr einen Grünstreifen und stieß mit weiteren Autos zusammen. Im Anschluss prallte der Bus auf einen an einer Haltestelle stehenden Linienbus. Schließlich erfasste der Bus noch zwei an der Haltestelle wartende Passanten, darunter den 85-Jährigen.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft übernahm der 66-Jährige den Bus am Hauptbahnhof von einem Kollegen. Dieser soll vor Verlassen die Feststellbremse aktiviert, aber die Getriebestellung nicht wie betrieblich vorgeschrieben auf die neutrale Automatikstufe, sondern in den Fahrmodus gestellt haben. Bei der Übergabe sei der Bus zur Bordsteinkante geneigt gewesen, um Fahrgästen den Einstieg zu erleichtern. Die Türen saßen wahrscheinlich auf dem Bussteig auf.

Wegen dieser Seitenneigung habe der 66-Jährige die Türen nicht schließen können. Entgegen der Sorgfalt und auch von ihm eingeübten Praxis soll er darauf verzichtet haben, den Fahrersitz zu verlassen, um zu versuchen, die Türen manuell zu schließen. Stattdessen habe der Mann einen Notlöseschalter betätigt, um die durch die offenen Türen aktivierte Haltestellenbremse zu umgehen. Damit habe er die Feststellbremse lösen können.

Dabei sei der 66-Jährige versehentlich auf das Gaspedal gekommen und habe den Bus ruckartig nach vorn beschleunigt, weil das Getriebe immer noch im Fahrmodus war. Im Schreck habe er Gaspedal und Bremse verwechselt und den Bus so weiter beschleunigt. Dadurch habe er die Kreuzung über rund 50 Meter überquert und sei mit vier Autos und einem an einer weiteren Haltestelle stehenden Bus zusammengestoßen.

Der zweite Bus wurde durch den Aufprall beiseite geschoben. Der 85-Jährige wurde mit etwa fünf bis zehn Kilometern in der Stunde erfasst und gegen den Träger der Haltestelle gepresst. Die Fahrt dauerte insgesamt rund zwölf Sekunden.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hätten alle Schäden durch eine leistbare Bremsung durch den 66-Jährigen vermieden werden können. Im Laufe der Ermittlungen hätten sich keine Anhaltspunkte für technische Mängel am Bus oder gesundheitliche Probleme des 66-Jährigen ergeben.

Das Verfahren gegen den Kollegen, der dem 66-Jährigen das Fahrzeug überlassen hatte, wurde inzwischen eingestellt. Er habe das weitere Geschehen nicht vorhersehen können.

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