Suizidrate in Japan erstmals seit über einer Dekade wieder gestiegen

Symbolbild: Suizid
Symbolbild: Suizid

Erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt hat die Zahl der Suizide in Japan wieder zugenommen. Wie das japanische Gesundheitsministerium am Freitag mitteilte, nahmen sich insgesamt 20.919 Menschen im vergangenen Jahr das Leben und damit 3,7 Prozent mehr als 2019. Es ist das erste Mal seit 2009, dass die Zahl wieder ansteigt. Als Hauptgrund gilt die Corona-Krise.

Obwohl Japan im vergangenen Jahr nur insgesamt 3460 Corona-Tote zu beklagen hatte und weniger harte Beschränkungen galten als in vielen anderen Ländern, forderten die Konsequenzen der Pandemie nach Einschätzung von Experten ihren Tribut. 

Darauf weisen auch die Details der Suizid-Statistik für 2020 hin, in der deutliche Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr zu erkennen sind: Während die Zahl der Männer, die sich im vergangenen Jahr das Leben nahmen, um ein Prozent zurückging, legte sie bei den Frauen um 14,5 Prozent zu. Auch bei Kindern und Jugendlichen stieg sie deutlich an. 

Experten glauben, dass die Krise in Japan Frauen und Minderjährige besonders stark getroffen hat. Nach Angaben der Tokioter Politikwissenschaftlerin Michiko Ueda verloren besonders viele Frauen im vergangenen Jahr ihre Arbeit, da sie häufig in stark von der Pandemie betroffenen Bereichen – wie etwa im Gastgewerbe – beschäftigt sind. 

Die Krise habe die traditionelle Geschlechterkluft in Japan verschärft, sagt auch die Feminismus-Expertin Yayo Okano der Nachrichtenagentur AFP. Sie weist darauf hin, dass die Belastung der Frauen durch den Haushalt während der Pandemie weiter zugenommen hat, einschließlich der Betreuung der Kinder. 

Alarmiert sind die Experten auch durch die gestiegene Zahl der Suizide bei Kindern und Jugendlichen. Zwischen April und November 2020 nahmen sich laut Gesundheitsministerium mehr als 300 Grund-, Mittel- und Oberschüler das Leben, das sind 30 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Junge Menschen litten stärker unter ihren eingeschränkten Sozialkontakten und sorgten sich mehr um ihre Zukunft, sagt Akiko Mura, Beraterin beim Zentrum für Suizidprävention in Tokio.

Die Expertin Munetaka Kaneko von der NGO Sotto fordert von der Regierung, die Bekämpfung der Suizide zu einem wichtigen Bestandteil ihrer Strategie gegen die Corona-Krise zu machen. Die Methoden müssten dabei an die „Ära der Pandemie“ angepasst sein.

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