Die internationalen Spannungen mit dem Iran haben sich weiter verschärft: Teheran begann am Montag mit der Anreicherung von Uran auf 20 Prozent, wie die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigte. Dies stellt einen klaren Verstoß gegen das internationale Atomabkommen dar. Die USA warfen dem Iran „nukleare Erpressung“ vor. Die iranischen Revolutionsgarden setzten derweil in der Golfregion einen südkoreanischen Tanker fest.
Das internationale Atomabkommen von 2015 soll sicherstellen, dass der Iran nicht die Fähigkeiten zum Bau einer Atombombe erlangt. US-Präsident Donald Trump hatte die von ihm als unzulänglich betrachtete Vereinbarung jedoch im Mai 2018 einseitig aufgekündigt und danach neue Sanktionen gegen Teheran in Kraft setzen lassen. Seitdem hat sich auch der Iran schrittweise aus dem Abkommen zurückgezogen.
Ende Dezember teilte Teheran der IAEA seine Absicht mit, Uran auf 20 Prozent anzureichern. Am Montag wurde der Anreicherungsprozess in der unterirdischen Atomanlage Fordo rund 180 Kilometer südlich von Teheran dann in Gang gesetzt, wie der iranische Regierungssprecher Ali Rabiei laut der Internetseite des staatlichen Fernsehens verkündete. „Unsere Maßnahmen sind umkehrbar, wenn sich alle Parteien wieder an das Abkommen halten“, schrieb der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif auf Twitter.
Das iranische Parlament hatte zuvor ein Gesetz verabschiedet, das die Produktion und Lagerung von „mindestens 120 Kilo 20-prozentig angereichertem Uran pro Jahr“ vorsieht. Die IAEA bestätigte am Montag, das Teheran in sechs Zentrifugen-Kaskaden bereits auf 4,1 Prozent angereichertes Uran eingespeist habe, um es weiter auf 20 Prozent anzureichern.
Laut einem im November veröffentlichten IAEA-Bericht hatte Teheran zuletzt Uran auf einen Wert angereichert, der über dem Grenzwert des internationalen Atomabkommens von 3,67 Prozent liegt, aber nicht die Grenze von 4,5 Prozent überschritt. Außerdem erlaubte das Land die in dem Abkommen vorgesehenen sehr strengen Kontrollen der IAEA.
Die USA verurteilten das Vorgehen des Iran. Durch die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent versuche Teheran „seine Kampagne der nuklearen Erpressung zu verschärfen“, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Dieser Versuch werde aber scheitern. Washington vertraue darauf, dass die IAEA „alle neuen Atomaktivitäten des Iran überwacht und meldet“.
Vor der offiziellen Bestätigung durch die IAEA hatte die EU-Kommission gewarnt, eine Anreicherung wäre „eine erhebliche Abweichung von den iranischen Atomverpflichtungen“. Der russische Vertreter bei der IAEA, Michail Uljanow, erklärte hingegen, die Anreicherung sollte nicht „dramatisiert“ werden. „Das Atomprogramm bleibt völlig transparent und überprüfbar“, sagte er. Die internationale Staatengemeinschaft müsse sich vielmehr auf Möglichkeiten konzentrieren, wie die umfassende Einhaltung des Atomabkommens wieder sichergestellt werden könne.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sah in der Anreicherung hingegen ein deutliches Zeichen für die Absicht Teherans, „ein militärisches Atomprogramm zu entwickeln“. Für eine militärische Nutzung müsste das Uran jedoch auf 90 Prozent angereichert werden. „Israel wird dem Iran nicht erlauben, Atomwaffen herzustellen“, erklärte Netanjahu.
Für zusätzliche Spannungen sorgte am Montag die Festsetzung eines südkoreanischen Tankers durch die iranische Revolutionsgarde in der Golfregion. Die Garde begründete die Beschlagnahmung der „Hankuk Chemi“ auf ihrer Website Sepahnews mit dem „wiederholten“ Verstoß gegen Umweltauflagen. Südkorea forderte die Freilassung des Schiffes und entsandte eine Einheit zur Pirateriebekämpfung in die Golfregion.
Die Lage in der Golfregion hat sich seit dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen deutlich zugespitzt. Mehrfach wurden in der Straße von Hormus Schiffe angegriffen, Drohnen abgeschossen und Öltanker beschlagnahmt. Durch die strategisch wichtige Meerenge wird ein Fünftel der weltweiten Ölproduktion transportiert.
Die USA hatten angesichts der angespannten Lage am Golf am Sonntagabend angekündigt, den geplanten Abzug ihres US-Flugzeugträgers „USS Nimitz“ zu verschieben. Zur Begründung verwies der kommissarische US-Verteidigungsminister Christopher Miller auf neue „Drohungen“ aus dem Iran.
Der iranische Justizchef und ultrakonservative Kleriker Ebrahim Raisi hatte anlässlich des Jahrestags des tödlichen US-Drohnenangriffs auf den iranischen General Kassem Soleimani mit Rache gedroht.