Vier Stunden Revolte: Erstürmung des Kapitols in Washington hält die Welt in Atem

US-Capitol/Kongress - Bild: ako via Twenty20
US-Capitol/Kongress - Bild: ako via Twenty20

Die Erstürmung des Kapitols in Washington durch wütende Anhänger des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump war ein schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie. Ein Überblick (alle Zeitangaben in Ortszeit):

Mittwoch, kurz nach 11.00 Uhr

Trump betritt die Bühne bei einer Kundgebung seiner Anhänger in der Nähe des Weißen Hauses. Vor tausenden Unterstützern fordert er von seinem Vize-Präsidenten Mike Pence, der am selben Tag die gemeinsame Sitzung des Kongresses leitet, das Wahlergebnis nicht zu bestätigen. 

„Mike Pence wird sich für uns einsetzen müssen, und wenn er es nicht tut, wird das ein trauriger Tag für unser Land“, sagt Trump. Dann verspricht er seinen Anhängern, beim Marsch zum Kongress „bei euch“ zu sein. Noch während Trump spricht, machen sich Gruppen von Demonstranten auf den Weg zum Kapitol.

Währenddessen stellt sich sein Vize-Präsident in seiner vierjährigen Amtszeit gegen Trump. „Die Verfassung verbietet mir, einseitig die Entscheidungsgewalt darüber wahrzunehmen, welche Wählerstimmen gezählt werden sollten und welche nicht“, erklärt Pence. Kurz darauf leitet er die gemeinsame Sitzung beider Kongresskammern ein. 

Gegen 14.00 Uhr

Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, wendet sich gegen die Trump-Loyalisten in seiner Partei: „Wenn diese Wahl durch bloße Behauptungen der Verliererseite gekippt würde, würde unsere Demokratie in eine Todesspirale geraten.“ Mehrere Abgeordnete der US-Republikaner hatten Einspruch gegen das Wahlergebnis erhoben. 

Fast zur gleichen Zeit beginnen Sicherheitskräfte wegen der Proteste mit der Evakuierung von Abgeordnetenbüros. Die Demonstranten durchbrechen Sicherheitsabsperrungen und gelangen auf die Treppen vor dem Kapitol und kurz darauf in das Gebäude selbst. Das Parlament unterbricht seine Sitzung. Die Bürgermeisterin von Washington, Muriel Bowser, verhängt eine nächtliche Ausgangssperre. 

Gegen 15.00 Uhr

Nachdem er sie erst angestachelt hatte, fordert Trump seine Anhänger via Twitter auf, „friedlich“ zu bleiben. Abgeordnete berichten von Tränengas im Kapitol. Demonstranten hämmern an die Türen des Sitzungssaals des Repräsentantenhauses, Sicherheitskräfte zücken ihre Schusswaffen, um die Mitglieder des Parlaments zu schützen. 

Kurz nach 15.30 Uhr

US-Medien berichten, dass im Kongressgebäude eine Demonstrantin durch Schüsse verletzt wurde. Die Frau stirbt wenige Stunden später. Das Weiße Haus kündigt den Einsatz der Nationalgarde an. Vizepräsident Pence ruft die Demonstranten bei Twitter auf: „Hört jetzt auf.“ Die Polizei meldet später insgesamt drei weitere Tote bei den Protesten. Diese seien aber nicht durch Gewalteinwirkung gestorben, sondern „medizinische Notfälle“ gewesen. 

Gegen 16.00 Uhr

Biden sagt an Trump gerichtet: „Ich fordere Präsident Trump auf, jetzt im Fernsehen zu sprechen (…) und ein Ende der Belagerung zu fordern.“ Was in Washington geschehe sei kein Protest, sondern ein „beispielloser Angriff“ auf die US-Demokratie.

Wenige Minuten später veröffentlicht Trump ein Video bei Twitter, in dem er seine Anhänger auffordert: „Geht nach Hause“. Gleichzeitig erneuert er seine Behauptung, die Wahl sei „gestohlen“ worden und sagt an die Demonstranten gewandt: „Wir lieben euch.“

Es werden zunehmend Bilder aus dem Kapitol veröffentlicht, die Trump-Anhänger etwa im Senatssaal oder im Büro der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, der Demokratin Nancy Pelosi, zeigen. 

Gegen 17.00 Uhr

Unter Einsatz von Tränengas räumt die Polizei unterstützt von der Nationalgarde nach und nach das Parlamentsgebäude und richtet eine Sicherheitszone um das Kapitol ein. Als um 18.00 Uhr die Ausgangssperre in Kraft tritt, befinden sich noch immer tausende Menschen auf den Straßen um das Gebäude. Mehrere Online-Plattformen sperren die Konten des scheidenden Präsidenten ein. 

Ehemalige US-Präsidenten sowie zahlreiche Vertreter anderer Staaten kritisieren die Ereignisse in Washington scharf, darunter George W. Bush, Bill Clinton und Barak Obama sowie Außenminister Heiko Maas und Trumps eigener Außenminister Mike Pompeo. 

Kurz nach 20.00 Uhr 

Rund vier Stunden nach dem Angriff auf das Parlament melden US-Medien unter Berufung auf den Sicherheitsdienst des Parlaments, das Kapitol sei wieder sicher. Kurz nach 20.00 Uhr nehmen die Abgeordneten ihre Arbeit wieder auf. Der Sturm auf das Kapitol sei „ein beschämender Angriff“ gewesen, erklärt die Demokratin Pelosi. „Er kann uns jedoch nicht von unserer Verantwortung abhalten, die Wahl von Joe Biden zu bestätigen.“

Donnerstag, kurz nach 03.30 Uhr 

Der Kongress bestätigt offiziell den Wahlsieg von Joe Biden. 

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