Andrej Nawalny: Vom Giftanschlag über Deutschland ins Gefängnis?

Alexej Nawalny - Bild: Evgeny Feldman / CC BY-SA
Alexej Nawalny - Bild: Evgeny Feldman / CC BY-SA

Vor knapp einem halben Jahr wurde der russische Kreml-Kritiker Andrej Nawalny Opfer eines Giftanschlags, vor gut zwei Wochen kehrte er nach der Behandlung in Deutschland in sein Heimatland zurück – nun droht ihm wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen eine längere Gefängnisstrafe. Überblick über einen Fall, der die Beziehungen zwischen Russland und der EU einmal mehr schwer belastet:

20. AUGUST 2020

Nawalny verliert während eines Flugs von Sibirien nach Moskau das Bewusstsein. Die Maschine muss notlanden, Nawalny wird auf die Intensivstation eines Krankenhauses in Omsk gebracht, wo er um sein Leben kämpft. Nawalnys Team spricht sofort von einer Vergiftung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bietet Nawalny die Behandlung in einem deutschen Krankenhaus an.

21. AUGUST 2020

Russische Ärzte erklären, Nawalnys Zustand sei zu instabil für einen Transport per Flugzeug nach Deutschland. Die Ärzte betonen, sie hätten in Urin- und Blutproben von Nawalny kein Gift gefunden. Deutsche Ärzte, die den Oppositionellen im Krankenhaus in Omsk besuchen, halten ihn dagegen für transportfähig. Schließlich stimmen die russischen Ärzte einer Verlegung zu.

22. AUGUST 2020

Der weiter in Lebensgefahr schwebende Nawalny wird mit einem von deutschen Aktivisten gecharterten Ambulanzflugzeug nach Berlin ausgeflogen. Dort wird er zur Behandlung in die Universitätsklinik Charité gebracht.

2. SEPTEMBER 2020

Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert teilt mit, dass Nawalny mit einem chemischen Nervenkampfstoff vergiftet wurde. Die Substanz aus der sogenannten Nowitschok-Gruppe wurde durch ein Speziallabor der Bundeswehr nachgewiesen. Bundeskanzlerin Merkel verurteilt den „versuchten Giftmord“ an Nawalny „auf das Allerschärfste“ und fordert von Russland Aufklärung.

7. SEPTEMBER 2020

Die Charité holt Nawalny aus dem künstlichen Koma.

14. SEPTEMBER 2020

Speziallabore in Frankreich und Schweden bestätigen die deutschen Befunde zur Vergiftung Nawalnys mit Nowitschok-Nervengift. Später bestätigt auch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) das Ergebnis.

23. SEPTEMBER 2020

Nawalny wird aus der stationären Behandlung entlassen.

1. OKTOBER 2020

In seinem ersten großen Interview nach dem Giftanschlag macht Nawalny Russlands Präsidenten Wladimir Putin für die Tat verantwortlich. Der Oppositionelle äußert Dankbarkeit für Deutschlands Hilfe und kündigt seine spätere Rückkehr nach Russland an.

15. OKTOBER 2020

Die EU setzt wegen des Giftanschlags Sanktionen gegen enge Mitarbeiter Putins in Kraft, unter ihnen der Vize-Chef der Präsidialverwaltung und der Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB. Im Gegenzug verhängt Russland im Dezember in zwei Schritten Sanktionen gegen Deutschland, Frankreich, Schweden und Großbritannien.

17. JANUAR 2021

Nawalny fliegt von Berlin zurück nach Moskau. Sein Flugzeug wird kurzfristig zum Flughafen Scheremetjewo im Nordwesten der Hauptstadt umgeleitet. Dort wird Nawalny kurz nach der Landung festgenommen – und am nächsten Tag im Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt. In einem auf YouTube veröffentlichten Video ruft der 44-Jährige die Russen auf, keine Angst zu haben und „auf die Straße“ zu gehen. 

19. JANUAR 2021

Nawalnys Team veröffentlicht ein Video über einen riesigen Luxuspalast am Schwarzen Meer, der Putin gehören soll. Dieser weist dies später zurück. Stattdessen erklärt der Milliardär Arkadi Rotenberg, ein enger Vertrauter und früherer Judo-Partner Putins, Eigentümer des Anwesens zu sein.

23. JANUAR und 31. JANUAR 2021

In ganz Russland demonstrieren Menschen gegen Putin und für die Freilassung Nawalnys. Die Sicherheitskräfte gehen massiv gegen die Proteste vor und nehmen tausende Menschen fest. Der Westen – darunter die Bundesregierung – verurteilt die Gewalt.

2. FEBRUAR 2021

Nawalny muss sich vor einem Moskauer Gericht verantworten, weil er in seiner Zeit in Deutschland gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben soll. Ihm drohen nach Angaben seines Anwalts etwa zweieinhalb Jahre Haft.

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