Birkenstock steigt in die Luxus-Liga auf

Sandalen von Birkenstock - Bild: fsyfe via Twenty20
Sandalen von Birkenstock - Bild: fsyfe via Twenty20

Das Image rustikaler Gesundheitslatschen hat Birkenstock schon länger hinter sich gelassen – spätestens seit sich auch Hollywoodstars oder Topmodels mit den Fußbettsandalen zeigen. Künftig gehört der traditionsreiche Hersteller aus Linz am Rhein nun mehrheitlich zur US-französischen Beteiligungsgesellschaft L Catterton, die zum Einflussbereich des Luxusgüterkonzerns LVMH gehört, und der privaten Investmentgesellschaft von LVMH-Chef Bernard Arnault. Für Birkenstock soll das die Chancen für weiteres Wachstum vor allem in Asien erhöhen – doch auch die neuen Gesellschafter könnten profitieren.

Es gebe viele Vorteile für beide Seiten, sagt Luxusmarkt-Expertin Fflur Roberts vom Marktforschungsunternehmen Euromonitor International. Auch wenn Birkenstock zum für die Kundinnen und Kunden erschwinglichen mittleren Preissegment gehöre, würden die Sandalen als Traditionsmarke betrachtet und mit deutscher Handwerkskunst assoziiert – das passe wiederum zu anderen Traditionsmarken unter dem LVMH-Dach. Zu dem Konzern gehören unter anderem Louis Vuitton und Dior.

Zudem befinde sich die Modeindustrie ohnehin in einer Übergangsphase, sagt Roberts. So würden zum einen sportlichere Kleidung, aber auch „entspanntere Ansätze“ in Bezug auf Dresscodes zunehmend populär.

Der Erfolg der Marke Birkenstock, der sich im vergangenen Jahr entgegen des allgemeinen Trends in der Corona-Krise weiter fortsetzte, wird dabei nach Einschätzung der Analystin auch durch in der Pandemie veränderte Gewohnheiten befeuert.

Verbraucherinnen und Verbraucher würden sich zunehmend für sogenannte „Loungewear“, also modische und bequeme Kleidung für zu Hause, und locker-zwanglose „Casual“-Kleidung entscheiden. „Infolgedessen sind die Verkaufszahlen von formeller Kleidung, Anzügen und Bürokleidung zurückgegangen, während bequeme Kleidung und Schuhe, so wie Birkenstocks, in der Pandemie an Beliebtheit gewonnen haben“, sagt Roberts. 

Für die mittelfristige Zukunft werde nun erwartet, dass bei sportlicheren und lockereren Outfits die Erholung von der Corona-Krise vergleichsweise schnell einsetze. Davon würden LVMH and L Catterton nun unzweifelhaft profitieren.

Birkenstock-Geschäftsführer Oliver Reichert wiederum betont, dass das vor knapp 250 Jahren gegründete Unternehmen durch die neuen Miteigentümer „exzellente Marktzugänge und Kontakte in Asien“ bekomme und so seinen Wachstumskurs beschleunigen könne. Das Unternehmen hebt hierbei die „Zukunftsmärkte“ China und Indien hervor.

Marktexpertin Roberts verweist hierbei darauf, dass China noch vor den USA der größte Modemarkt der Welt ist – und sich die Volksrepublik im Vergleich zu anderen Ländern wirtschaftlich eher schnell von der Pandemie erhole. Als weiteren Pluspunkt auch für LVMH and L Catterton sieht sie, dass die Marke Birkenstock mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht werde. 

Im Trend liegen die Sandalen bereits seit längerem. Einen internationalen Schub versetzt der Marke der US-Start in der 1960ern. Bald darauf entdecken Hippies die Sandalen für sich, die die Schuhe teils auch als bewusste Abgrenzung von Mode-Konventionen verstanden wissen wollen. 

In den 1990er Jahren schlüpft Supermodel Kate Moss für ein Fotoshooting in Birkenstocks. Bald darauf gehören die Fußbettsandalen auch für zahlreiche Hollywoodstars zum Standardschuhwerk für den Sommer – und zahlreiche Marken von Paco Rabanne über Valentino bis hin zu Celine bringen eigene Kollektionen heraus und teils sogar auf den Laufsteg. 

2019 trägt dann Schauspielerin Frances McDormand ein gelbes Paar Birkenstocks bei der Oscar-Verleihung. Unternehmenschef Reichert betont im Interview mit dem „Handelsblatt“ indes die Bodenständigkeit des Unternehmens. „Wir sind der Erfinder des Fußbetts, da ist man automatisch geerdet“, sagt er. Doch selbstbewusst gibt er sich auch: „Wir sind eine extrem sexy Marke“, sagt er.

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